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Rezension:Scheinweltfieber - Christine Kaufmann

"Letztendlich löst Schönheit in der Umgebung lauter schreckliche Sachen aus. Neid, Gier und Verwertungsgelüste. Bei der schönen Person selber sehr oft Angst." (Christine Kaufmann)-

In den letzten Monaten habe ich zwei Bücher, die Schauspieler geschrieben haben, angelesen und jeweils nach 50 Seiten zur Seite gelegt, weil ich keine Lust hatte, mich mit dem verbalisierten Narzissmus dieser Herren länger zu befassen. Beide Bücher waren keine 2 Amazon-Sterne wert. Aufgrund dieser Erfahrung habe ich das wunderbare Buch von Christine Kaufmann monatelang hier auf meinem Schreibtisch geparkt, bis ich mich endlich entschied, ein nächsten Versuch zu wagen. Welch eine kluge, analytische Frau! Welch eine Schreibbegabung!

Christine Kaufmann zählt zu den wenigen bildschönen, weiblichen Intellektuellen, die völlig uneitel ihr erfolgreiches Leben zu reflektieren in der Lage sind. Ihre Lebenserinnerungen bestehen nicht aus einer Aneinanderreihung von "da ham mer und da sin mer", sondern sie beleuchtet ihr Leben und Tun sehr kritisch und ist in der Lage ohne Neid, Missgunst über ihr Umfeld in Hollywood und anderenorts zu sprechen. Kern ihres Buches ist das Reflektieren des Wunsches, einer unbekannten Macht, Jugend, Schönheit und Begabung zu opfern, (vgl.: S.55).

Das Buch enthält eine Reihe von Fotos. Hier sieht man sie auch als Kinderstar sowie später mit ihrem einstigen Ehemann Tony Curtis und erhält eine visuelle Vorstellung von ihr und ihrer Aura, die sie zum Weltstar hat werden lassen.

Kaufmann schreibt über ihre Kindheit und ihren weiteren Lebensweg und stellt viele Überlegungen zur Scheinwelt in der Filmbranche an. Sie schreibt aber auch über das Verhalten der Medien und bringt es auf den Punkt, wenn sie im Hinblick auf diese konstatiert: "Das Entfernen bürgerlicher Werte ist aus meiner Sicht gefährlich", (Zitat: S.26) Wie recht sie doch hat. Sie weist jedoch zudem darauf hin, dass die Medien kein "Scheinweltfieber" verursachen, sondern es bloß anfachen. Kaufmann erlag diesem Fieber nie, wie sie festhält, (vgl.: S. 28). Das glaube ich gerne.

Als Schauspielerin musste sie, um glaubhaft zu sein Opfer bringen, Opfer der Disziplin und des Bloßstellens von Gefühlen und sie musste Kränkungen ertragen, musste sich öffnen, damit der Zuschauer mitfühlt, was die Figur fühlt, zu der sie im Film wird, (vgl.: S.30). Dies ist der Preis, der ein Star zahlen muss. Kaufmann denkt in der Folge über den bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Schönheit und der Lust am Opfern nach, der offenbar auch in der normalen Bevölkerung vorhanden ist, und begründet diesen Zusammenhang gut nachvollziehbar.

Die Autorin schreibt über ihre Ehe mit Tony Curtis und sie hält resümierend fest: "Meine tiefen und anhaltenden Beziehungen waren nie bebildert. Ich weiß, dass Bilder zerstören können. Auf gewisse Weise können Geschichten in der Zeitung das Wirkliche zerstören, weil es der Liebe das Geheimnisvolle nimmt", (Zitat: S. 63). Sie schreibt außerdem entlarvend, aber ganz allgemein im Rahmen der Curtis-Analyse: "Ein Narziss kann nicht lieben. Der Narziss sucht den Spiegel. Das ist nicht nur so im Filmgeschäft. Nicht jeder Star ist ein Narziss und nicht jeder Narziss ein Star!" (Zitat. S.63).

 Die Autorin reflektiert immer wieder den Einfluss von Fotos, den sie für zutiefst lebensfeindlich hält. Sie geht sogar so weit anzunehmen, dass wir durch die Bilder das Sehen verlernt haben und nicht nur das, sondern das Leben obendrein. (vgl.: S.98ff) Kaufmann glaubt, dass einige einstige Filmstars deshalb schöner wirkten, weil sie die Aura des Unverkäuflichen hatten. Hier denkt sie an Audrey Hepburn und findet meine Zustimmung.

In den sechziger Jahren sei Schönheit lebensnah und lebensbejahend gewesen. Das habe sich mittlerweile geändert. Zudem würden Kriterien wie Schönheit und Können nicht mehr über den Erfolg einer Schauspielerin entscheiden, sondern Narzissmus und Seilschaften (vgl.: S.110). Das ist nicht nur in der Schauspielerei so, wie wir alle wissen.

Die Autorin schreibt auch über die "Kollateralschäden" des Ruhms, sprich die Promikinder und weiß, dass man die Promieltern entthronen muss, damit die Kinder psychisch gesund bleiben. Speziell narzisstische Väter schaden Kindern, hat sich Kaufmann in Fachbüchern kundig gemacht, (vgl.:S.175). Diese Gewichtung allerdings vermag ich nicht beurteilen.

Ich möchte nicht zu viel von dem Inhalt des Buches verraten, aber es sehr empfehlen und zwar allen, die einen Einblick hinter die Scheinwelt erhalten möchten. Gerne auch zitiere ich den letzten Satz im Buch "Die Kunst und ihr Schein... sind wichtig, weil sie uns an eine sonst vorbeifließende Wirklichkeit erinnern",(Zitat: S. 216). Dieser Satz verdeutlicht, dass Kaufmann sogenanntes Schwarz-Weiß-Denken fremd ist. Das macht mir diese schöne und dabei kluge Frau noch sympathischer.

Sehr empfehlenswert.

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