Dieses Blog durchsuchen

Rezension: Charles Schumann: Hommage an eine Kultfigur (Gebundene Ausgabe)

Charles Schumann, der legendäre Barmann aus München hat im September seinen 70. Geburtstag gefeiert. Dass er um viele Jahre jünger ausschaut, konnte ich mich auf der Buchmesse in Frankfurt überzeugen.

Das vorliegende Buch ist eine Hommage an ihn, zusammengestellt von Anna Wichmann und eingeleitet von Lothar Schirmer.Charles Schumann ist nicht nur Münchens Kultgastronom und legendärer Barkeeper, sondern auch internationales Fotomodell, leidenschaftlicher Boxer, Grantler, Frauenschwarm und Koch sehr delikater Bratkartoffeln.


 Modefoto Armani
Das vorliegende Buch enthält Texte und Geschichten über Schumann, verfasst von einigen seiner namhaften Gäste.

Dabei handelt es sich um: Elke Heidenreich, Michael Krüger, Hans Magnus Enzensberger, Keto Waberer, Georg Diez, Eckart Witzigmann, Stefan Gabanyi, Ulrich Wickert, Axel Hacke, Albert Ostermaier, Wolf Wondratschek, Chris Dercon, Albert Ostermair, Rita Russek, Joseph von Westphalen, Alois Martin, Jan Weiler, Claudius Seidl, Moritz von Uslar und Michael Althen.

Der Verlag Schirmer/ Moser hat dieses Buch nicht nur wegen des runden Geburtstags des Gastronoms herausgebracht, sondern auch wegen des 30 jährigen Bestehens seiner berühmten Bar "Schumann`s".

Das Buch ist übrigens reich bebildert. Man hat Gelegenheit einen sehr guten visuellen Eindruck von Schumann zu erhalten, einem sehr interessanten Mann, wie die Fotos unmissverständlich zu erkennen geben.

Die Illustrationen im Buch stammen von Dirk Schmidt.

 Portrait Charles Schumann
Photo: Guido Mangold
Auf Seite 30 übrigens verrät der Barkeeper das Rezept seines "Swimming Pol" an die Leser, die sich meines Erachtens den Cocktail mixen sollten, um diesen bei der Lektüre der kurzweiligen Geschichten vergnügt zu trinken.

Man lernt im Buch aufgrund der Geschichten viele Facetten Schumanns kennen. Ulrich Wickert berichtet von der Bescheidenheit Schumanns, der zwar fließend Französisch spricht und Frankreich liebt, sich dort aber nicht an mondänen Orten aufhält, obschon er dies könnte, sondern stattdessen in der Gegend zwischen Biarritz und Bordeaux seine zweite Heimat gefunden hat. Dort wo einst Michel de Montaigne geboren wurde. Schumann sei, so Wickert, ein Suchender noch immer, obwohl er schon viel für sich entdeckt habe, z.B. die innige Liebe zu Frankreich bereits in jungen Jahren.


 Im Hofgarten
(Photo privat)
Gefallen hat mir u.a. der Beitrag von Alois Martin. Dieser schreibt, dass das "Schumann`s" kein Restaurant sei, in dem Frauen angeflirtet werden, kein Ort wo der Barmann sich balzend zum Konkurrenten des männlichen Gastes machen muss. "Der Barmann in Schumann`s geht davon aus, dass eine Frau mit nachdenklichem Blick tatsächlich denkt und von ihrer Umgebung nichts anderes erwartet als ein gutes Getränk, einen ruhigen Platz und jene leichte Abendbrise, die nur eine Bar bieten kann."(Zitat: S.103).

Es macht Freude all die Geschichten zu lesen und sich ein Bild von diesem Mann und seiner Bar zu machen. Charles Schumann gefällt mir, weil er viele Talente besitzt und diese sehr gut zu vermarkten weiß.

Wer das Buch gelesen hat, weiß wen er bei einem kommenden Besuch in München besuchen muss.

Empfehlenswert.

Fotos: Schirmer-Mosel Pressebilder

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Im Überschwang: Aus meinem Leben (Gebundene Ausgabe)

Die Schauspielerin Hannelore Elsner hatte ich Gelegenheit, auf der Frankfurter Buchmesse 2011 in Ihrem Einverständnis zu fotografieren. Ich beobachtete sie zunächst aus unmittelbarer Nähe, als sie zum "Blauen Sofa" ging, um dort ihr Buch "Im Überschwang" vorzustellen.

Diese Frau strahlt geballte Weiblichkeit aus, obgleich (oder vielleicht weil) sie sehr zierlich ist. Die Proportionen ihres Körpers sind formvollendet und ihr Gesicht ist atemberaubend schön. Die Lippen sind voll, dabei sehr edel geformt und von leiser Ironie umspielt. Ihre Augen leuchten vor erotischer Intelligenz. Einen solchen Blick findet man bei einer sehr weiblichen wirkenden Frau selten.

Hannelore Elsner bewegt sich ein bisschen wie eine Löwin, sehr geschmeidig und zeitgleich majestätisch. Vom Sternzeichen ist die große Dame des Films eine Löwin und dass wird nicht nur in ihrem Gang, sondern auch in ihrem Lachen sichtbar. Dieser Frau können Männer meines Erachtens nicht widerstehen. Elsner verfügt über Magie und das beeindruckt mich neben ihrem schauspielerischen Können am meisten. Sie verfügt übrigens auch über Sprachmagie, wie das Buch dokumentiert.

Hier erzählt sie ihr Leben und erlaubt uns Lesern uns einen visuellen Eindruck von ihrer Vergangenheit, auch von ihrem persönlichen Gestern zu machen.

Ich beabsichtigte zunächst eine kurze Inhaltsangabe der Rezension voranzustellen, habe davon aber wieder Abstand genommen und mir überlegt, davon zu schreiben, was ich hinter Elsners Text erspürt habe. Sie fragt sich nicht von ungefähr gleich zu Beginn ihres Buches, ob sie viele kleine Geschichten oder eine chronologisch geordnete Lebensgeschichte erzählen soll und fragt sich auch, ob sie von allem, was sie prägte, Zeugnis geben soll, von den Landschaften, den Menschen und den Träumen. Sie weiß, wie sehr unsere Träume unser Leben bestimmen können.

Die nachdenkliche Autorin entscheidet sich im Grunde für alles und dies macht das Besondere an dieser Autobiographie aus. Filmfans kommen auf ihre Kosten, weil Elsner natürlich von ihren Filmen berichtet, auch erfährt man von ihren Liebesbeziehungen Aufschlussreiches, wobei Pikanterien nicht ihr Thema sind.

Mich haben die frühen Jahre dieser Frau besonders interessiert und hier ihre nicht unkomplizierte Kindheit, ihre Wunsch zu studieren, den sie sich nicht erfüllen konnte, aufgrund der ökonomisch schwierigen Situation ihrer alleinerziehenden Mutter, der Zufall, der sie den Beruf der Schauspielerin ergreifen ließ, jener Zufall, der sich als Chance erwies, die sie klug zu nutzen wusste.

Elsner schreibt nachdenklich, berichtet von ihrer Begabung, sich immer wieder neu zu erfinden und dem damit einhergehenden Bewusstsein für Achtsamkeit. Diese Begabung ist notwendig für eine Schauspielerin, um ihr Publikum nicht zu langweilen. Diese Begabung ist im Grunde für uns alle notwendig. Wer immer auf der gleichen Schiene fährt, ödet sein Umfeld an.

Hannelore Elsner ist mir sehr sympathisch, weil sie sich, trotz des Berufes der Schauspielerin, sehr um Authentizität bemüht. Sie ruht in sich und strahlt diese Ruhe auch aus. Vielleicht ist diese Ausgeglichenheit das tiefere Geheimnis ihrer unverbrüchlichen Erotik.......
Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezensionen:Für immer jung: Das Geheimnis meines Lebens (Gebundene Ausgabe)

Ende der 1950er Jahre hörte ich als kleines Mädchen die Lieder von Peter Kraus auf Schallplatten meiner um 14 Jahre älteren Tante und hüpfte mit ihr vergnügt vor dem Schallplattenspieler umher, stolz auf meinen Petticoat, der beim Tanzen wippte. Die Texte waren unkompliziert, so dass ich sie bereits problemlos nachsingen konnte und die Musik stimmte mich so fröhlich, dass der Name Peter Kraus bis heute bei mir positiv besetzt ist und sofort ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Im vorliegenden reich bebilderten Buch erzählt der unglaublich jung aussehende, mittlerweile mehr als 70 Jahre zählende Künstler von seinem Leben. Dass Peter Kraus in München-Schwabing geboren worden ist, wusste ich bislang nicht, wohl aber, dass sein Vater bereits ein Künstler war. Kraus berichtet spannend über seine Kindheit und Jugend, wie er einst zum Jugendidol wurde und von seinem Leben voller Agilität bis zum heutigen Tag.

Mich erstaunt es nicht, dass der Vielgeliebte seit nunmehr 42 Jahren mit der gleichen Frau verheiratet ist, denn Kraus ist ein Mensch, der es geschafft hat, schon früh seine eigene Mitte zu finden und aus dieser keinen Grund hat auszubrechen.

Der ewig-junge, seelisch ausgeglichene Rock n" Roller ist körperlich immer in Bewegung, berichtet auch von seinen vielen sportlichen Aktivitäten und von seinen Plänen für das kommende Jahr.

Ein kurzweilig zu lesendes Buch, dass in vieler Beziehung dokumentiert, wie sympathisch dieser Mensch tatsächlich ist.

Empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Kleine Reihe: Frauen, die schreiben, leben gefährlich (Gebundene Ausgabe)

Stefan Bollman zeigt an Beispielen aus der Geschichte der letzten 250 Jahre und aus der Gegenwart, dass schreibende Frauen nicht ungefährlich gelebt haben, bzw. leben. Die einzelnen textlich porträtierten Schriftstellerinnen, die Beispiele dafür sind, das zu tun, was man für seine Bestimmung hält, werden auch bildlich vorgestellt.

Wie Bollmann konstatiert, war von Anfang an die Gattung Roman an das Entstehen der weiblichen Lesekultur gekoppelt und bis heute noch ist die Mehrzahl der Romanleserinnen weiblich. Der Roman ist nach Auffassung des Autors eine Schule emotionaler und sozialer Intelligenz, (vgl.: S.98). Offenbar benötigen Männer diese Schule nicht.:-))


Mit dem Roman soll sich ein neues Selbstgefühl von Frauen verbunden haben. Dessen Lektüre verschaffte den Leserinnen Erfahrungen, die in der Enge ihres persönlichen Lebensumfeldes zuvor nicht gemacht haben. Das Lesen der Romane und die Kommunikation über deren Inhalte sollen den Lebensradius vormaliger Leserinnengenerationen erweitert und ihnen einen Einblick in bislang fremde Lebensformen verschafft haben, (vgl.: S.98).

Als bürgerliche Schriftstellerinnen der ersten Stunde werden Jane Austen, die Schwestern Bronte und Bettina von Arnim genannt. Für sie aber auch Schriftstellerinnen der nächsten Epoche war es nicht leicht, Zeit und Raum zum Schreiben zu finden, (mehr dazu Seite 99ff). Typisch für die gesellschaftlichen und privaten Widerstände, die Frauen überwinden mussten, sind zwei Begebenheiten, von denen die französische Schriftstellerin George Sand berichtet, (näheres dazu Seite 103 ff). Erst im 20. Jahrhundert gelang es schreibenden Frauen sich aus der Enge bürgerlicher Wohnzimmer zu befreien, aber dennoch bleiben auch ihre Leben vom Kampf gegen Konventionen und für Authentizität bestimmt, (vgl.: S.113).

Stefan Bollmann untergliedert seine Porträts in 7 Kapitel, beginnt mit der kurzen Darstellung des Lebens und Wirkens von Hildegard von Bingen (1098-1179) und endet mit dem Porträt 1961 geborenen indischen Schriftstellerin Arundhati Roy. Einfach hatte es keine der vielen Autorinnen. Mein genereller Eindruck bestätigt sich auch in diesem Buch. Frauen müssen weitaus mehr für ihren Erfolg tun als Männer, vielleicht weil ihnen stets ein Netzwerk fehlt und ihnen im Berufsleben in der Regel mehr Gegenwind entgegenbläst als männlichen Konkurrenten.

Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Lou Andreas-Salomé und Rilke - eine amour fou (insel taschenbuch) (Taschenbuch)

Was hat mich motiviert dieses Buch zu lesen? Nun, es war eine kleine ärgerliche Bemerkung, die ich irgendwann irgendwo las, wonach Rilke Lou Andreas Salomé "gehabt haben" sollte. Eine unschöne Formulierung wie ich finde, die zudem nicht der Wahrheit entspricht, denn Lou Andreas Salomé war eine Frau, die weder von Rilke noch sonst einem Mann in Besitz genommen werden konnte, noch nicht einmal für eine kurze Weile. Diese Frau war ein Freigeist.

Ihr Alter ego hieß übrigens "Helga von S.". Lou Andreas Salomé hat gegen diese von ihrer Freundin Frieda von Bülow geschaffene Figur in deren Schlüsselerzählung "Zwei Menschen" nichts einzuwenden, sondern unterschrieb sogar mit dem Namen "Helga" einen Eintrag in ein Gästebuch und bekannte sich insofern indirekt zu der Persönlichkeitsanalyse, wonach Lou eine Vampirnatur besessen hat, die anderen das Herzblut gierig aussaugte, um daraus Kraft zu überquellendem Frohsinn zu ziehen, (vgl.: S.85).

Frieda von Bülow lässt das Alter ego von Lous Andreas-Salomé sagen: "Einer gefällt mir, und ich bekomme einen riesigen Appetit auf ihn. Und dann gehe ich geradewegs auf ihn los und fasse ihn mit beiden Händen. Ich möchte dann mit ihm zusammen sein den ganzen Tag- jeden Tag! Jede Stunde ärgert mich, die ich ohne ihn verbringen muss. Sie ist nur mit Warten ausgefüllt...Nichts beschäftigt mich als dieser Mensch."
"Und dann?"
"Dann freß ich ihn auf"
"Das klingt ja ganz schauerlich!"
"Ich kann`s auch zarter ausdrücken: Ich nehme den ganzen Inhalt seines Wesens in mich auf!" (Zitat: S.85)

Ich zitiere diese Textstelle nicht grundlos, denn ich finde, dass sie das Verhaltensmuster dieser schönen und dabei hochintellektuellen Lou Andreas Salomé sehr gut beschreibt. Der Dichter Reiner Maria Rilke wusste um die Vieldimensionalität dieser von ihm geliebten Frau und begriff sehr schnell, dass darin der Grund für die zeitliche Begrenztheit ihrer Liebe liegen würde, (vgl.S.88).

Im Buch lernt man das Leben beider Personen kennen und auch wie ihre Wege zusammentreffen und sich letztlich wieder trennen, zumindest was die Liebesbeziehung anbelangt.

Lou war von Anfang an eine Frau, die von vielen Männern begehrt wurde. Friedrich Nietzsche war nicht der einzige, der von ihr einen Korb erhielt. Die nicht nur von Rilke geliebte Frau war übrigens Schriftstellerin, Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin aus einer russisch-deutschen Familie, die ein selbstbestimmtes Leben lebte, 47 Jahre hindurch mit Carl Andreas Salomé verheiratet war, mit dem sie zeitlebens nicht beischlief.

Man vermutet allerdings, dass sie zahlreiche Liebschaften hatte, sicher auch mit Rilke, dem sie sich als Frau jahrelang verbunden fühlte, weil er  ihr das erstmals Wirkliche gewesen war, (vgl.: S.130).

Das Buch zeigt die innige, geradezu spirituelle Beziehung, die Lou und Rainer miteinander hatten. Rilke hätte niemals mit den Worten über Lou triumphiert "ich hatte sie gehabt", sondern schrieb stattdessen nachdem sie ihn im Jahre 1901 verließ:

"Warst mir die mütterlichste der Frauen
Ein Freund warst du wie Männer sind,
ein Weib so warst Du anzuschauen,
und öfter noch warst Du ein Kind.
Du warst das Zarteste, das mir begegnet,
das Härteste warst Du, damit ich rang.
Du warst das Hohe, das mich gesegnet-
Und wurdest der Abgrund, der mich verschlang."
Siehe S.88

Rainer und Lou waren zwei Liebende, die sich nicht auf der Ebene begegneten. Darin liegt die Besonderheit dieser Beziehung. Lou Andreas-Salomé trennte sich von Rilke, blieb ihm aber ein Leben lang freundschaftlich verbunden.

Empfehlenswert.

Helga König

Überall im Buchhandel erhältlich.

Rezensionen:Schlüsselmomente: Erfahrungen eines engagierten Lebens (Gebundene Ausgabe)

Liz Mohn, die Autorin dieses aufschlussreichen autobiographischen Buches ist Mitglied des Aufsichtsrats der Bertelsmann AG, des Weiteren ist sie stellvertretende Vorsitzende des Vorstands und des Kuratoriums der Bertelsmann Stiftung, Präsidentin der von ihr gegründeten Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, Vorsitzende des Vorstands der Liz Mohn Kultur-und Musikstiftung und des Kuratoriums des Verbands deutscher Musikschulen. Seitens des Club of Rome wurde Liz Mohn 1999 als erste Frau in dieses Gremium berufen.

Frau Mohn ist nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geborenen worden. Nach einer schwierigen Kindheit in der Kriegs- und Nachkriegszeit konnte sie nicht ihrer Intelligenz gemäß eine höhere Schule besuchen und studieren, sondern absolvierte eine Lehre als Zahnarzthelferin.

Umso beeindruckender liest sich die Auflistung der Ehrungen dieser großen Dame unseres Landes. Sie erhielt den Medienpreis Bambi, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, die Ehrenmitgliedschaft Cirucolo de Confianza, den Verdienstordnen des Landes Nordrhein-Westfalen, den Vernon A Walters Award, The UNESCO- Children in Need Award 2008, den Karl- Winnacker-Preis und den Weltwirtschaftspreis 2010.

Frau Mohn berichtet zunächst von ihrer Kindheit, die von Angst und Zuversicht zugleich geprägt worden ist. Sie schreibt von ihrer Lese- aber auch Abenteuerlust in jenen Tagen und berichtet von ihrer großen Fahrrad- und Tramptour durch die Republik in den Wochen bevor sie ihre Lehre begann. Damals schmerzte es sie, dass sie nicht die Freiheit leben konnte, die junge Studenten hatten, die ihr auf der Tour begegneten und suchte nach ihrer Ausbildung nach Aufstiegsmöglichkeiten, die sie sich beim Bertelsmann-Verlag erhoffte.

Der Zufall wollte es, dass der Chef des Unternehmens Reinhard Mohn sich bei einem Betriebsfest in das junge Mädchen verliebte, doch er konnte es erst viele Jahre später heiraten, weil in den 1950er Jahren an eine Scheidung von seiner damaligen Ehefrau nicht zu denken war. Liz Mohn brachte in den 1960er Jahren drei Kinder zur Welt, die sie in jeder Beziehung umsorgte und sie entwickelte sich damals zu dem Menschen, der sie heute ist. Lernen elektrisierte sie, ihr Wissensdurst war schwer zu stillen, schreibt sie und als ihr Mann 1977 die Berteslmann Stiftung" ins Leben rief, war sie schon bald dabei (vgl.S.28). Man erfährt natürlich, um welche Einrichtung es sich bei dieser Stiftung handelt und wie sich diese Stiftung weiterentwickelt hat.

Liz Mohn gestattet dem Leser Einblicke in ihre Verhaltensmuster, die ihren Umgang mit anderen Menschen prägen. Dabei staune ich wie sehr sie doch eine typische Zwillingsfrau ist.:-)) Sie weiß, dass der Glaube an die eigene Lernfähigkeit entscheidend dafür ist, um eigene Potenziale zu entfalten und ist von der Formbarkeit der eigenen Fähigkeiten überzeugt. Sie ist ein Mensch, der fragt, wenn sie nicht weiter weiß und ist fest davon überzeugt, dass der Wille, lebenslang zu lernen, zu den Schlüsselkompetenzen für die Zukunft gehört, (vgl.: S.30). Dabei bereitet es ihr viel Freude, Menschen für verbindende Ideen zu begeistern und in einzelnen Projekten zusammenzuführen, (vgl.: S.31).

Liz Mohn ist ein kommunikativer Mensch, mit großem diplomatischem Geschick. Nach ihrer Eheschließung mit Reinhard Mohn im November 1982 nahm sie schrittweise die offiziellen Termine für die Bertelsmann Stiftung wahr.

Sie berichtet von ihren Reisen, die sie mit vielen sehr bedeutenden Persönlichkeiten zusammenbrachten, von denen sie in Gesprächen immer wieder lernte. So schreibt sie auch von einem bedeutsamen Projekt und zwar dem "Deutsch-Jüdischen Dialog" und lässt nicht unerwähnt, dass die Bertelsmann Stiftung es war, die das Zentrum der Holocaust-Studien in Tel Aviv viele Jahre förderte und im Jahr 2000 den Deutsch-Israelischen Young-Leaders-Austausch initiierte, der sowohl den beiderseitigen Informationsfluss, wie auch das gegenseitige Kennenlernen, den Erfahrungsaustausch und die Vernetzung junger deutscher und israelischer Führungskräfte fördern sollte, (vgl.: S.39).

Es ist unmöglich im Rahmen einer Rezension über all die Begegnungen zu schreiben, über die Frau Mohn in ihrem Buch viel Interessantes zu berichten weiß. Bemerkenswert ist nicht nur ihre Begegnung mit Frau Gandhi und mit Michail Gorbatschow, dessen leidenschaftlicher Kampf für die Demokratisierung Russlands und das Zusammenwachsen Europas durch den Fall der Mauer sie tief beeindruckt hat, (vgl. S. 50).

Frau Mohn hat die Erfahrung gemacht, dass man die Kultur eines Landes nie allein bei offiziellen Besuchen kennenlernt, sondern immer auch durch die persönlichen Begegnungen mit Menschen, die mit ihren Eigenarten, Gesten und Haltungen uns mehr erzählen, als es Bücher können, (vgl. S.52).

Die Vorstandvorsitzende berichtet von unterschiedlichen Aktivitäten, auch Gesundheitsprojekten und der Liz Mohn Kultur- und Musikstiftung und ich staune über das vielseitige Engagement dieser Frau, die davon überzeugt ist, dass eine internationale Verständigung nur im gegenseitigen Respekt vor den geschichtlichen, kulturellen und religiösen Wurzeln möglich ist, (vgl. S.84).

Liz Mohn thematisiert die Unternehmenskultur als Erfolgsgeschichte des Hauses Bertelsmann, schreibt u.a. von den "Bertelsmann Essentials", zu denen die Teilhabe an umfassender Information und eine Beteiligung der Mitarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens gehören, (vgl.: S.93). Das Unternehmen möchte eine Heimat für Kreative und Künstler sein, das sich in jeder Beziehung für Weltoffenheit, Meinungsfreiheit und demokratischen Strukturen in dieser Welt einsetzt, (vgl.S.94).

Für sie ist klar, dass Führungskräfte in einem Unternehmen nicht nur wirtschaftliche Ziele im Auge haben dürfen, sondern stets auch sensibel sein müssen für menschliche Belange. Frau Mohn hebt hervor: "Wenn die Unternehmenskultur das gegenseitige Vertrauen fördert, setzt sie damit viel Einsatz und Kreativität frei. Wer das Gefühl hat, dass seine Arbeit nicht geschätzt wird, wer vielleicht Angst um seinen Arbeitsplatz hat, der verliert die Motivation, fühlt sich durch Angst blockiert und wird nie die Leistung erbringen, wie ein Mitarbeiter, der sich behütet fühlt und motiviert ist, sein Bestes zu geben", (Zitat: S.104).

Liz Mohn macht sich und ihren Lesern nichts vor, wenn sie konstatiert, dass Unternehmenskultur bei Bertelsmann eine harte Erfolgsgröße darstellt, (vgl. S.109).

In der Folge schreibt Frau Mohn von Studien der Bertelsmann Stiftung, über die es sich nicht nur lohnt nachzudenken, sondern auch entsprechende Konsequenzen zu ziehen, auch reflektiert sie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, denkt über Frauen in Führungspositionen nach und über Migration und Integration als Herausforderung der Zukunft und um schließlich zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Glaube und Zuversicht und der Wille es zu schaffen die Voraussetzungen dafür sind, die Dinge des Lebens positiv voranzutreiben.

Ein Buch, das ich gerne empfehle, weil hier eine Frau schreibt, die mit Herz und Verstand tatkräftig im Leben steht und viel Positives bewegt.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und  können das Buch bestellen.



Rezension:Münchnerinnen, die lesen, sind gefährlich (Gebundene Ausgabe)

Claudia Treibler porträtiert in diesem kleinen Büchlein 16 Frauen, die sich im vergangenen Jahrhundert im München einen Namen gemacht haben. Dabei ordnet die Autorin ihre Texte folgenden Kopfzeilen unter:

Gestutzte Flügel

Zwischen Wirtshaus und Rebellion

Musen, Gefährtinnen, Kämpferinnen

Verehrung, Verfolgung, Widerstand

Wiederaufbau
Was die Frauen, die zwischen 1870 und den 1990er Jahren in München lebten und wirkten, vereint, ist die Tatsache, dass sie alle gerne und oft ihre Nasen in Bücher steckten.

Man lernt zunächst das München des späten 19. Jahrhunderts kennen. Dies war die Zeit, als aus der Kleinstadt München eine Metropole wurde. Mädchen konnten damals in München noch kein Abitur machen und demzufolge auch nicht studieren. Allerdings hatten Frauen, die Ehrgeiz und Geld besaßen, die Chance in die Schweiz zu gehen. Dort nämlich konnten Frauen Abitur machen und seit 1864 auch studieren, (vgl.: S.18).

Das Salonwesen war in München nicht so ausgeprägt, wie in Paris oder Berlin und zwar, weil die gesellschaftlichen Zirkel weniger durchlässig waren als in anderen Städten, (vgl.: S.19).

Der Leser lernt u.a. die Salondame Elsa Bernstein (1866-1949) kennen, zu deren Gästen Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Ludwig Thoma, Ludwig Ganghofer, Franz Stuck und August von Kaulbach zählten, (vgl.: S.31). Dass sie 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, war tragisch. Erwähnt werden muss, dass Frau Bernstein vielen Mithäftlingen Kraft gab, das Frauen zu überstehen, (vgl.: S.26).Diese Münchnerin zeichnete sich wie viele anderen Damen im Buch nicht nur durch Nachdenklichkeit, sondern auch durch eine große Empathiefähigkeit aus.

Sehr gut hat mir das Porträt von Dr. Anita Augpurg (1857-1943) gefallen. Die Frauenrechtlerin war die erste deutsche, promovierte Juristin, hatte in Zürich studiert und lebte mit einer Frau zusammen. Diese Münchnerin versuchte sich für die Gleichstellung der Frauen stark zu machen als 1900 das BGB in Kraft trat. Allerdings blieben die Frauen bis im Jahr 1976 noch benachteiligt, wenn es um die Gleichheit in der Ehe ging. Dass die Nazis Dr. Augspurg 1923 bereits auf die Liste der zu liquidierenden Personen setzten ist klar. Als Hitler 1933 an die Macht kam, befand sich die Juristin gerade im Ausland und ging nach Zürich ins Exil.

Das Schwabing in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts ist ein Thema. Dort war man auf der Suche nach einer neuen Moral, die sich, wie andere Reformbewegungen der Zeit auch, gegen Prüderie und Sexualfeindlichkeit wandte, (vgl.: S.48). Die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow (1871-1918), die mit vielen Intellektuellen ihrer Zeit befreundet war und versuchte, ein freies Leben zu führen, konnte wie kaum eine andere Frau in jener Zeit in Erfahrung bringen, welchen Tribut sie für ein solches Leben zu zahlen hatte. Reventlow war ihrer Zeit Lichtjahre voraus.

Sehr bemerkenswert auch ist das Porträt Katia Manns (1883-1980), die alle als die Gattin von Thomas Mann kennen. Doch wer weiß schon, dass diese Frau eine der ersten immatrikulierten Studentinnen Münchens war? Sie studierte übrigens Mathematik und Physik. Ihre Großmutter war Hedwig Dohm, eine Vorkämpferin der Frauenbewegung.

Es werden in der Folge eine Reihe sehr kluger und dabei tapferer Frauen vorgestellt u.a. die Friedensaktivistin Constanze Hallgarten (1881-1969), die vor den Nazis ebenfalls in die Schweiz floh.
Man liest von der Judenverfolgung in München, auch von dem, was Frauen in München während der Kriegszeit zu schultern hatten und von der Bombardierung, durch die 90% der Innenstadt zerstört wurde.

Des Weiteren begegnet man der Intellektuellen Erika Mann, die ein Kabarett, offiziell literarischer Natur, allerdings mit politischen Untertönen, in München gründete, lernt auch die jüdische Schriftstellerin Gerty Spies kennen, die den Satz prägte "Verzeihen- aber nicht vergessen. Das Herz reinhalten von Hass- und Rachegefühlen", um schließlich im letzten Kapitel über die lesenden Frauen der Aufbaujahre nach dem Krieg informiert zu werden. In jener Zeit galt noch die klassische Rollenaufteilung und doch gab es Frauen, die sich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrem beruflichen Engagement davon nicht beeindrucken ließen.

Empfehlenswert.
Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Wirtschaft braucht Anstand. Der Unternehmer Wolfgang Grupp (Gebundene Ausgabe)

Dr. Erik Lindner hat seiner Biographie über den schwäbischen Unternehmer Wolfgang Grupp nicht grundlos den Titel "Wirtschaft braucht Anstand" gegeben. Dieser Unternehmer, den viele aus Talk-Shows kennen, argumentiert strikt gegen die Globalisierung im Sinne der kompletten Produktionsverlegung ins Ausland zu Lasten deutscher Arbeitsplätze, die in zahlreichen Branchen leider zum Standard geworden sind, (vgl.:S.12). Wolfgang Grupps Firma "Trigema" ist seit 35 Jahren schuldenfrei. Der Unternehmer finanziert zu 100% alles selbst. Es gibt weder Leasing, noch Lieferantenkredite und keine Abhängigkeit von Geldgebern, (vgl.S.16).

Grupp zieht in Talkshows gegen die Verantwortungslosigkeit, den Größenwahn und die Selbstbedienungsmentalität in Vorstandetagen zu Felde und dokumentiert durch seine Art zu wirtschaften, dass es auch anders geht.

Grupp, der größte Hersteller von Sport- und Freizeitbekleidung, hat ein Geschäftsmodell, das im Buch gut erläutert wird. Dr. Lindner nimmt Stellung zu den Punkten:

1)Kontinuierliche Produktion
2)Kundenorientierte Schnelligkeit und innerbetriebliche Flexibilität
3)Nicht auf Umsatz nach Menge oder Stückzahlen, sondern ausschließlich auf Rendite ausgerichtet.
4)Schlanke Verwaltung
5)Unabhängigkeit
6) Sofortzahlung bei Bestellungen und Investitionen
7)Höchste Anforderungen an die Qualität der Produkte
8)Überschaubare Betriebsgröße und Mitarbeiterbindung
9)Verzicht auf externe Dienstleistung
10)Sicherung der Arbeitsplätze

Der Autor berichtet von den Anfängen der Firma, von Wolfgang Grupps Großvater Josef Mayer, der die Textilfirma einst gründete, von der sprunghaften Entwicklung nach dem ersten Jahrzehnt der Firmengründung, die sich keineswegs nur in der Zahl von 800 Beschäftigten niederschlug. Auch über Grupps Vater, einem Juristen, dessen geschäftliche Erfolge nicht immer herausragend waren, ist die Rede und auch von den Konflikten die der betriebswirtschaftlich begabte Sohn mit seinem Vater hatte. Wolfgang Grupp, der in Köln sein Examen mit Auszeichnung absolvierte, schaffte es als junger Diplomkaufmann die Schulden, die Firma hatte, in kurzer Zeit abzutragen.

Viele gute, neue Ideen setzte Wolfgang Grupp schon als junger Diplomkaufmann um. Darüber schreibt Dr. Lindner sehr spannend. Der Trigema-Chef richtete nach dem durch ihn forcierten Generationenwechsel die Geschäftspolitik wie folgt aus:

1) Überschaubare Unternehmensgröße
2) Kein Prestigedenken, sondern Arbeitsplatzsicherung
3) markt- und verbraucherorientierte Produktion
4) kein Umsatz,- sondern Renditedenken
5) Teamarbeit, Menschenwürde und Freiheit am Arbeitsplatz.

Der Jesuitenschüler und gläubige Christ schaffte es, die Unternehmenshierarchie abzubauen und stattdessen die Teamarbeit zu intensivieren. Grupp agiert seit Jahrzehnten in einem Großraumbüro, wo er nahezu alle Verwaltungsleute in Rufweite hat.

Man liest von seiner Familie, auch davon, dass seine Frau ihm geschäftlich zu Seite steht und von seinen Kindern, die sich auf ihren Vater verlassen können, allerdings nicht verhätschelt werden, sondern leistungsbezogen ihr Leben gestalten sollen und es offenbar auch gerne tun.
Immer wieder wird die Streitbarkeit dieses Mannes thematisiert, der davon überzeugt ist, dass nicht selten dann, wenn die verantwortlichen Führungskräfte in einem Unternehmen, nicht die Inhaber eines Geschäftes sind, die Verhältnisse in den Firmen dazu tendierten, problematisch zu werden. Grupp geht es um Verantwortung, die er bei allen Führungskräften einfordert.

Es führt zu weit, die Entwicklung seiner Firma an dieser Stelle ausgiebig darzulegen. Ich empfehle Interessierten sich diesbezüglich im Buch kundig zu machen. Hier kann man viel lernen.

Mich begeistert das Denken und Handeln Wolfgang Grupps, der in den Augen vieler als altbackener Patriarch gilt. Ich hingegen sehe in ihm einen überaus erfolgreichen, verantwortungsbewussten Unternehmer, auf den sich Mitarbeiter und gleichermaßen seine Kunden, aber auch seine Familie verlassen können. Wolfgang Grupp ist ein Alphamann wie aus dem Bilderbuch, mit glasklarem Verstand und wirtschaftsethisch lobenswerten Gedanken, die er in die Tat umsetzt. Unser Land bräuchte weitaus mehr solcher Menschen in Führungspositionen, dann würde sich vieles zum Positiven wenden.
Ein wirklich lesenswertes Buch.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Hamburgerinnen, die lesen, sind gefährlich (Gebundene Ausgabe)

Thomas Bleitner hat mit diesem Buch engagierten, gebildeten Hamburgerinnen ein Denkmal gesetzt. Er porträtiert sechzehn zumeist in Hamburg geborene weibliche Persönlichkeiten, die sich als Musen und Salonièren, als Rebellinnen, Künstlerinnen der wilden Zwanzigerjahre und als "Grandes Dames" des Wiederaufbaus in dieser Stadt einen Namen machten.

Der Autor reiht bei all den Frauen kurz die biographischen Daten aneinander und porträtiert anschließend sehr einfühlsam das Wesen und Engagement dieser Hamburgerinnen.

Man erfährt zunächst von Lesegesellschaften und Salons seit 1750, die ein erfreuliche Folge des merkantilen Aufschwungs in dieser Stadt waren. Intellektuelle und Künstler machten damals Hamburg zu einem Zentrum der Aufklärung machten. Bleitner lässt nicht unerwähnt, dass Bücher zu jener Zeit noch sehr teuer waren und 1796 seitens des Verlegers Friedrich Perthes die erste reine Sortimentsbuchhandlung gegründet wurde und zwar in Hamburg. Lesegesellschaften und Salons, so liest man weiter, waren beliebte Veranstaltungen, keineswegs bloß zum Austausch von Ideen und Meinungen, sondern auch zur Verbreitung von Büchern. Bleitner stellt in diesem Zusammenhang Meta Klopstock, Eva König die spätere Ehefrau von Lessing, Amalia Schoppe und Elise Reimarus vor, die seitens der kurländischen Dichterin Sophie Schwarz als Frau mit scharfdenkendem Verstand und einem Herzen von gutmütiger Weiblichkeit beschrieben wurde, die sich offenbar sehr gut mit Kindern umgehen konnte, (vgl. :S 33).

Der Autor berichtet auch von dem Großen Brand in Hamburg, der im Jahre 1842 dazu führte, dass in vier Tagen 20 000 Menschen in dieser Stadt obdachlos wurden. Durch die Frühindustrialisierung in jenen Tagen, die für nur wenige Wohlstand und für die meisten Elend zur Folge hatte, stellte sich die soziale Frage, die aber nicht allein das Armenwesen betraf. In dieser Zeit entstand die Frauenbewegung in Hamburg. Frauen kämpften u.a. um die Gleichstellung ohne Kompromisse, auch was den Zugang zu den Universitäten anbelangte. Im Übrigen waren die meisten Frauen Pazifistinnen. Unter den porträtierten rebellischen Frauen ist auch Lida Gustava Heymann, die Lebensgefährtin von Anita Augspurg, die das erste deutsche Frauenzentrum gründete und mit Augspurg gemeinsam den "Verein für Frauenstimmrecht".

Frauen haben in der Hamburger Kulturszene der wilden Zwanziger Jahre eine tragende Rolle gespielt. Diesbezüglich wird man von Bleitner auch sehr gut informiert und liest diesbezüglich auch von der in München geborenen Erika Mann, die mit ihrem Gatten Gustav Gründgens in Harvestehude lebte und in Hamburg durch ihre Rolle am Theater für Aufruhr bei der Presse sorgte. Ihre rasch endende Beziehung zu dem beruflich wie privat sehr pedantischen Gründgens wird dabei sehr aufschlussreich skizziert.

Bei den Gründerinnen in der Wiederaufbauzeit wurde Marion Dönhoff nicht vergessen, die 1946 in die Redaktion der "Zeit" eintrat. Wie der Autor hervorhebt, wurde diese großartige Frau nicht selten angefeindet. Als sie 2002 starb sagte der damalige Hamburger Bürgermeister allerdings in seiner Laudatio: "Sie hat unser Land, sie hat diesen Kontinent mitgestaltet. Und sie hat Hamburg aufs Beste repräsentiert", (Zitat: S. 145).

Ein lesenswertes Buch, nicht nur für Hamburgerinnen.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Reise um die Welt- Louis-Antoine de Bougainville

Der Anwalt Louis-Antoine Bougainville (1729-1811) unternahm 1766-69 die erste französische Weltumseglung. Über diese abenteuerliche Unternehmung berichtet er in vorliegendem Buch überaus packend.

1768 erreichte er Tahiti und entdeckte im Mai des gleichen Jahres zwei Inseln der Neuen Hebriden. Auf Bougainville geht der erste Lobpreis der beinahe paradiesisch anmutenden Lebenswelt Tahitis zurück, die etwa hundert Jahre danach dem französischen Impressionisten Gauguin zu Weltruhm verhelfen sollte.

Im Vorwort erfährt man Wissenswertes zum Leben Bougainvilles, auch dass er am Siebenjährigen Krieg teilgenommen hat. In der Beschreibung seiner Reise kommen neben den soeben genannten Inseln u.a. die Salomoninseln zur Sprache, wo er Choiseul und das nach ihm benannte Bougainville fand. Bevor er am 16.3.1769 im sicheren Heimathafen St. Malo ankam, war er noch auf den Molukkischen Inseln und in Batavia.

Das Buch ist in zwei Hauptteile untergliedert:

1) Von der Abreise aus Frankreich bis zur Passage der Magellan-Straße
2) Die Reise von der Einfahrt in den Pazifik bis zur Rückkehr nach Frankreich

Bougainvilles Reisebeschreibung enthält eine Fülle von Informationen unterschiedlichster Art. So liest man beispielsweise von der Vertreibung Jesuiten aus La Plata, vom Aufenthalt auf der Insel Tahiti, von der geographischen Lage, den Produkten des Landes, über den Insulaner, der nach Frankreich gebracht wurde und weshalb es geschah, auch über die Ungleichheit der Stände auf Tahiti, über die Trauerrituale, die Bestattungsriten u.a.m.. Interessant auch ist die Beschreibung der Schwierigkeiten, während der Fahrt zwischen den Molukkischen Inseln und die Skizzierung des Zeremoniells bei Ankunft in Batavia.

Wer gerne real aber auch gedanklich auf Reisen geht und wissen möchte wie beschwerlich und voller Abenteuer Weltreisen in früheren Zeiten waren, wird das Buch Bougainvilles in zwei Nächten durchgelesen haben.

Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Vasco da Gama: Die Suche nach den Gewürzinseln (Gebundene Ausgabe)

Der Autor Ulli Kulke porträtiert in diesem reich bebilderten Buch den Seefahrer Vasco da Gama (1469-1519). Er war es, der von König Emanuel I. beauftragt wurde, den Seeweg nach Indien um das Kap der guten Hoffnung zu finden, um auf diese Weise den direkten Kontakt zu den Gewürzinseln herzustellen.

Zunächst kann man sich einen Überblick verschaffen, wie groß in den Jahrhunderten vor Vasco da Gama die Bedeutung orientalischer Gewürze war. Pfeffer, Zimt, Nelken und Muskat zählten in der Antike zu den begehrten Dingen des schönen Lebens. In der Antike wusste allerdings kaum einer, woher diese Luxusgüter stammten. Die Ware ging durch die Hände von Dutzenden von Zwischenhändlern, sodass am Ende nicht mehr nachvollziehbar war, woher die Gewürze nun tatsächlich kamen. Schauergeschichten wurden in Umlauf gebracht, um potentielle neue Konkurrenten abzuschrecken, sich auf den Weg zu dem Quell des Wohlstandes zu machen.

Ich will an dieser Stelle nicht alle im Buch erwähnten Namen aufzuzählen, doch Heinrich den Seefahrer muss ich nennen, weil dieser portugiesische Königssohn es war, der die Vormachtstellung seines Landes zu Anfang des Entdeckungszeitalters begründete, obschon er selbst niemals auf große Fahrt ging.

Im Buch wird überaus detailliert von Vasco da Gamas Reisen berichtet und sehr gut dargelegt, dass dieser Mann es war, der die Grundlagen für die Kolonial- und Handelsmacht Portugals in Vorderindien legte. Neben der gelungenen Porträtierung Vasco da Gamas und seines abenteuerlichen Lebens, hat man u.a. Gelegenheit, sich im Rahmen von Sonderbeiträgen mit der Plage der Seefahrer jener Tage, - dem Skorbut - , des Weiteren mit den begehrten Gewürzen, neuen Schiffen für die Weltenfahrt und dem Vertrag von Tordesillas zu befassen.

Nach der Lektüre des Buches sieht man die Muskatnuss und den Pfeffer mit anderen Augen. Sie waren und sind nicht nur einfach Gewürze, um Speisen zu aromatisieren, sie waren einst die Verlockung für Reisen ins Ungewisse, Reisen, die nicht für jeden glücklich endeten, wie dieses Buch auch deutlich macht.

Sehr spannend zu lesen, empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button , dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Die Frau an seiner Seite: Leben und Leiden der Hannelore Kohl (Gebundene Ausgabe)

Der Journalist Dr. Heribert Schwan zeigt in seinem Buch "Die Frau an seiner Seite" die Vita von Hannelore Kohl auf. Das Leben dieser unzweifelhaft großen Persönlichkeit hat eine Bandbreite durchschritten, die äußerst selten vorkommt.

Geboren in großbürgerlichen Verhältnissen als Tochter eines dem NS-Regime dienenden Rüstungsmanagers erlebte Sie Ihre Kindheit in Leipzig. Von ihrem geliebten Vater wurde sie durch die kindlichen Jahre mit jeglichem Überfluss bedacht. Ihre Mutter, eine ebenfalls aus großbürgerlichen Verhältnissen stammende Person, sorgte dafür, dass Hannelore Kohl die beste Erziehung und Ausbildung bekam, die in den Jahren des NS-Regimes möglich war. Allein die emotionale Fürsorge ließ bei ihrer Mutter zu wünschen übrig.

Mit den Angriffen der Alliierten auf Deutschland, speziell der Luftangriffe auf Leipzig, bis dahin die geliebte Heimatstadt der späteren Politikerehefrau, nahm das Leben der jungen Hannelore eine jähe Wendung. Gemeinsam mit ihrer Mutter, der Vater war in der Waffenherstellung für die deutsche Kriegsmaschinerie rund um die Uhr eingebunden, verließen sie Leipzig nach der erschütternden Erfahrung eines Bombenangriffes und versuchten zunächst in dem mittelsächsischen Städtchen Döbeln sich in Sicherheit zu bringen.

Bevor am 6. Mai 1945 die Rote Armee in das Gebiet um Döbeln einzog, die Amerikaner hatten dieses ursprünglich von ihnen besetzte Land gegen einen Sektor in Berlin getauscht, flohen Mutter und Tochter vor der russischen Besatzungsarmee. Ihr Ziel war das kleine Städtchen Taucha. Auf diesem äußerst gefährlichen und kräftezehrenden Weg ist Hannelore Kohl wohl von Russen vergewaltigt worden. Genaueres hat sie öffentlich nie preisgegeben.

Die nächste Station ihres Lebens begann nach dem Rückzug ihrer Familie in Mutterstadt in der Pfalz bei der väterlichen Verwandtschaft. Hier nun war die Voraussetzung gegeben, dass sich die Lebenskoordinaten von Helmut Kohl und seiner späteren Frau Hannelore treffen konnten.

Ausgangspunkt war eine Schülertanzveranstaltung, organisiert von Helmut Kohls Schulklasse. Das gemeinsame Schicksal dieser beiden Personen, die später einmal im Rampenlicht der deutschen Geschichte stehen sollte, nahm seinen Lauf....

Hannelore Kohl hat, um ihrem Mann an die Ziele seines politischen Werdens zu verhelfen, sich selbst stets zurückgenommen. Ob sie überhaupt eine Chance gehabt hätte gegen die alles einnehmende Dominanz des späteren Bundeskanzlers zu bestehen, ist fraglich. Fakt ist, dass sie ihrem Gatten Helmut Kohl mit eiserner Disziplin und großer Energie zur Seite stand. Wie weit ihr das seitens ihres Mannes gedankt wurde, ist selbst in unterschiedlichen Biographien nicht genau ersichtlich. Tatsächlich zog sich Hannelore Kohl nach vielen Jahren politischer Öffentlichkeit in ihr Zuhause nach Oggersheim zurück.

Nicht unerwähnt darf ihre Anstrengung für ihre Stiftung das Kuratorium ZNS bleiben. Hier fand sie ihre eigentliche Aufgabe, in die sie ihre ganze Persönlichkeit legte. Die Hilfe, die sie damit für durch Unfall gehirngeschädigte Menschen leistete, gab ihr immer wieder neue Kraft, auch zu einem Zeitpunkt als sie nach offensichtlichen medizinischen Fehlbehandlungen das Tageslicht meiden musste und ihr Leben sich in ihrem Haus in Oggersheim in abgedunkelten Räumen abspielte.

Offenbar fühlte sie sich zu diesem Zeitpunkt von ihrem Ehemann verlassen. Wie weit die spätere sehr junge Ehefrau des Altkanzlers Dr. Meike Richter dabei eine Rolle gespielt hat, ist umstritten. Jedenfalls hat Hannelore Kohl den Freitod gewählt, nicht zuletzt scheinbar auch deshalb, weil die Spendenaffäre ihres Mannes sie zutiefst mitgenommen hat.

Nach allen Aussagen von Personen, die dieser großartigen Frau nahegestanden haben, ist Hannelore Kohl ein warmherziger, intelligenter und nachdenklicher Mensch gewesen. Obwohl Einzelkind und vom Vater verhätschelt, hat sie sich stets zurückgenommen und primär sich für andere eingesetzt.

Abschließend möchte ich darauf verweisen, dass die Biographie von Dr. Heribert Schwan wirklich lesenswert ist, da sie nicht nur die Persönlichkeit der Hannelore Kohl aufzeigt, sondern auch viel Erhellendes über den "Bundeskanzler der Deutschen Einheit" aufzeigt. Dass es nach der Veröffentlichung dieses Buches zu durchaus kontroversen Diskussionen über den Inhalt gekommen ist, zeigt nicht zuletzt das Auftreten des älteren Kohl-Sohnes Walter, der in der Talk-Show bei Markus Lanz im ZDF inhaltliche Mängel und Entgleisungen des Autors gegenüber dem Vertrauen seiner Mutter angeprangert hat. Nichts desto trotz halte ich das Buch für unbedingt lesenswert, auch wenn nicht alle Aussagen bis ins Detail für einen Außenstehenden geklärt werden können.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Die 50 wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte (Gebundene Ausgabe)

Alexander Emmerich hat mit seinem Titel eine Steilvorlage für die Kritiker der Nation geliefert, indem er die im Buch sehr gut porträtierten fünfzig Damen als die "wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte" bezeichnet. Wer ist wichtig? Wer wichtiger? Wer am wichtigsten? Wann ist jemand wichtig? Dann, wenn er intensiv durch sein Tun einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet oder dann, wenn er Zweckdienliches für eine kleine elitäre Gruppe unternimmt?

Weshalb prangt, wenig sympathisch, Liselotte von der Pfalz auf dem Cover ganz vorne und streckt uns Lesern ihr Doppelkinn, das nicht gerade von großer Disziplin zeugt, entgegen, während Sophie Scholl, eine der tapfersten Frauen des letzten Jahrhunderts, versteckt im Hintergrund, erst auf den zweiten Blick zu sehen ist? Soll durch diese Darstellung die Realität in den Zeitläuften visualisiert werden? Soll klar erkennbar werden, dass das Zerstörerische stets den Platz in der Loge eines Theaters hat? Fast scheint es so.

Emmerich stellt jedem der gut ausgeloteten Porträt immer eine Frage voran, deren Beantwortung sich dann aus der jeweiligen Kurzbiographie ergibt. Gefragt wird beispielweise:

"Welche Frau kämpfte in der badischen Revolution von 1849?"

"Wann promovierte die erste deutsche Ärztin?"

"Welche Frau verweigerte Kaiser Wilhelm II. eine Goldmedaille als Auszeichnung für ihre Kunst?"

"Wer fehlte bei der Nobelpreisverleihung an Otto Hahn?"

"Welche Frau nahm sich aus Protest gegen die Machenschaften ihres Mannes das Leben?"

Stets sind Bilder von den Frauen in die Kurzbiographien eingebunden, die nicht selten sehr aussagekräftig sind, was den Charakter der einzelnen Personen anbelangt.

Mich beeindrucken die widerständigen Frauen am meisten, Frauen, wie die Schriftstellerin Anita Augspurg. Die promovierte Juristin war u.a. Herausgeberin der "Zeitschrift für Frauenstimmrecht" und auch für das Magazin "Die Frau im Staat", das feministische, radikaldemokratische und pazifistische Positionen vertrat, (vgl. S.24), wie Dorothea von Erxleben, die unter schwersten Bedingungen als erste deutsche Frau zu Zeiten Friedrich II. von Preußin Medizin studierte oder auch wie Clara Immerwahr. Sie war die erste Frau, die 1900 an der Uni Breslau promovierte und zählte damit zu den ersten deutschen Frauen, die einen Doktortitel trugen. Verheiratet war sie mit dem Nobelpreisträger Fritz Haber, der im ersten Weltkrieg an der Entwicklung chemischer Massenvernichtungswaffen arbeitete, die erstmals im Frühling 1915 von Deutschen bei Ypern eingesetzt wurden und 18000 Franzosen das Leben kosteten. Sie versuchte immer wieder, ihren Mann dahingehend zu beeinflussen, sich an der Entwicklung solcher Waffen nicht mehr zu beteiligen. Er war uneinsichtig, was sie dazu veranlasste, sich aus Protest das Leben zu nehmen, (vgl.:S. 73). Mahnerinnen wie Clara Immerwahr sind wichtig, damit die Menschheit aus ihrem egoistischen Wahn aufgerüttelt wird, der stets dazu führt, dass viel Leid und Unheil geschieht.

Die einzelnen Porträts sind sehr ausgewogen verfasst, auch das Porträt von Liselotte von der Pfalz, durch deren Eheschließung mit Philipp von Orléans, dem jüngeren Bruder Ludwig XVI., die Basis dafür geschaffen wurde, dass die Pfalz mit ihren zentralen Städten Heidelberg und Mannheim seitens der Franzosen niedergebrannt wurde. Lieselotte muss man zugutehalten, dass sie die Verschwendungssucht am Französischen Hofe, wo sie lebte, ablehnte und auf ihren Wunsch ohne Pomp im Alter von 70 Jahren beigesetzt wurde. Als Mitglied einer kleinen elitären Gesellschaftsschicht hat sie allerdings den Menschen mehr geschadet als genutzt, wie man am Heidelberger Schloss noch heute deutlich ablesen kann.

Wer ist wichtig? Sophie Scholl war es. Aber war auch Ulrike Meinhof wichtig, deren Porträt man den Seiten 90-91 entnehmen kann?

Ein empfehlenswertes Buch, das dazu beiträgt, sich mit den porträtieren Frauen - frei von Vorurteilen- näher auseinander zu setzen.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Heilende Frauen. Ärztinnen, Apothekerinnen, Krankenschwestern, Hebammen und Pionierinnen der Naturheilkunde (Gebundene Ausgabe)

Die Journalistin Annette Kerckhoff porträtiert in diesem Buch insgesamt 48 Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen und Forscherinnen, Ordensfrauen und Krankenschwestern, Hebammen, Apothekerinnen und Heilerinnen, sowie Pionierinnen aus unterschiedlichen Ländern, die aufgrund ihrer Beharrlichkeit, Kreativität, Eigeninitiative und ihres Durchhaltevermögens zu Vorbildern all der Frauen wurden, die sich durch Widerstände von ihren Zielen nicht abhalten lassen möchten.

Das Vorwort zum Buch hat Dr. Marianne Koch verfasst und die sechs Seiten umfassende Einleitung stammt von Annette Kerckhoff. Hier erfährt man, dass im alten Ägypten auch Frauen als Priesterärztinnen tätig waren und in Europa seit etwa 300 v. Chr. Frauen ihre Geschlechtsgenossinnen und Kinder behandeln durften. In Europa auch entwickelten sich im 1. Jahrtausend Klöster, die zu wichtigen Zentren der Heilkunde wurden, in denen man die Werke von Hippokrates und Galen kopierte und übersetzte.

Man liest im 3. Kapitel des Buches Näheres zu Ordensfrauen, wie Hildegard von Bingen (1098-1179), für die Körper, Geist und Seele untrennbar miteinander verbunden waren und sich gegenseitig beeinflussten. Für die Äbtissin bedeutete Gesundheit auch, die eigene innere Haltung zu läutern, d.h. gegen Charakterschwächen anzugehen. Ihr war klar, dass Depression und Dummheit, Jähzorn, Missgunst und Unzufriedenheit den Geist verdürben, auf die Organe abträglich wirkten und schädlich für die Gesundheit seien. Voraussetzung dafür gesund zu bleiben, sei das Bemühen ein besserer Mensch zu werden, (vgl.: S. 71). Interessant auch ist, dass Hildegard schrieb, dass ein maßloser Lebensstil die meisten Krankheiten verursacht. Wie recht sie doch hatte. Man erfährt in diesem Porträt sehr viel über das Denken dieser Ordensfrau, für die die Seele der Dreh- und Angelpunkt war, den man bei jeder Krankheit, jeder Heilung nicht außer Acht lassen dürfe, (vgl.: S.72).

Man lernt im Buch gleich zu Beginn die erste promovierte Ärztin Deutschland kennen. Es handelt sich hierbei um Dorothea Erxleben (1715-1762), die es unter schwierigsten Bedingungen schaffte, ihren Weg zu machen. Friedrich der Große eröffnete ihr nach Bittgesuchen den Weg. Erst im darauf folgenden Jahrhundert dann durfte die erste Frau in der westlichen Welt offiziell Medizin studieren. Elisabeth Blackwell (1821-1910) wollte Frauenärztin werden, nachdem eine Freundin ihrer Familie starb. Es war ein langer Weg bis sie ihre erste kleine Ambulanz in einem ärmeren Viertel von New York eröffnen konnte. Liest man die Porträts anderer Ärztinnen in der Folge, stellt man fest, dass Frauen, die studieren wollten und es dann auch tatsächlich taten, mit großem Misstrauen begegnet wurde.
Es hat mich gefreut, dass man die Schwedin Elsa Brandström erwähnt, die im 1. Weltkrieg aufgrund von ihr in Schweden aufgebauten Hilfsorganisationen die medizinische Versorgung der Kriegsgefangenen speziell in Sibirien damals erheblich verbesserte und auch gefreut, dass man Wissenswertes über Rahel Hirsch (1870-1953), der ersten Professorin Deutschlands für Medizin und auch über das Leben und Werk von insgesamt fünf Nobelpreisträgerinnen für Medizin erfährt.

Das Porträt Katharina Kepplers (1546-1622) hat mich zutiefst berührt. Die Mutter des berühmten Astronomen war eine Heilerin, deren Ruf systematisch demontiert wurde. Die Verleumdungsklage ihrer Kinder scheiterte. Sie sollte als Hexe verbrannt werden. Ihr Sohn legte eine hundertseitige Verteidigungsschrift vor und schaffte es seine Mutter vor der Folter und dem Scheiterhaufen zu bewahren, obschon man ihr die Folterinstrumente bereits vorgelegt hatte, um sie zu einem Geständnis zu bewegen.
Anna Freuds Leben und Werk wird übrigens auch vorgestellt. Sie beschäftigte sich ihr Leben lang mit der Entwicklung von Kindern. 1974 resümiert sie: "Die Anwendung des psychoanalytischen Wissens auf die Kindererziehung ist eine mehr oder weniger anerkannte Tatsache geworden und hat in vielfacher Verkleidung ihren Eingang in die Lehrpläne der Kindergärtnerinnen und Sozialarbeiter gefunden", (Zitat. S.135).

All die Frauen, die man im Buch kennenlernt, waren beseelt davon, ihren Mitmenschen zu helfen. Die Kräuterfrau Hester Jonas (1573-1635) wurde verleumdet, gefoltert und verbrannt. Sie ist ein Beispiel dafür, was mit Kräuterfrauen in der frühen Neuzeit geschah.

Die Psychiaterin Alice Ricciardi- von Platen musste in Österreich hilflos zusehen, wie ihre Patienten im Rahmen des Euthanasie-Programms von den Nazis getötet wurden und verfasste 1948 darüber einen Bericht "Die Tötung Geisteskranker in Deutschland", der erst in dem 1990er Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Margarete Mitscherlich, über die man im Buch auch Wissenwertes erfährt und die viele Leser, aufgrund des 1967 erschienen Buches "Die Unfähigkeit zu trauern", das sie gemeinsam mit ihrem Gatten verfasste, kennen, hat u.a. auch das Buch mit dem Titel "Über die Mühsal der Emanzipation" geschrieben. Der Titel des Buches von Mitscherlich könnte im Grunde das Leitmotto für all die 48 Frauen- Porträts sein und es wäre alles andere als an den Haaren herbeigezogen.

Ein interessantes Buch, das ich gerne gelesen habe.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Kluge Geschäftsfrauen - Maria Bogner, Aenne Burda, Coco Chanel, Florence w, Estée Lauder, Miuccia Prada, Margarete Steiff, Marie Tussaud u.v.a. (Gebundene Ausgabe)

In allen Jahrhunderten hat es eigenständige, merkantil hellwache Frauen gegeben, die Firmen gründeten und diese mit viel Engagement vorantrieben und das, obschon die Männerwelt von solchem Tun nicht immer begeistert war. Die Autorin Claudia Lanfranconi und die Herausgeberin Antonia Meiners haben das vorliegende Buch auf den Weg gebracht. Die Autorin portätierte einige sehr kluge Geschäftsfrauen, die man im Buch auch bildlich kennenlernt.

Im Vorwort lässt Lanfranconi nicht unerwähnt, dass sich kaum eine der fokussierten Frauen bei der eigenen Karriereplanung an einem bestimmten Vorbild orientiert hat, jedoch bei einigen der Frauen selbstständig arbeitende Eltern Eigeninitiative, Disziplin und Entscheidungsfreude vorgelebt haben. Frauen wie Coco Chanel und Aenne Burda kamen aus sehr einfachen Verhältnissen, aber sie hatten Unternehmerinnenblut mit in die Wiege gelegt bekommen und agierten ihr ganzen Leben hindurch beeindruckend erfolgreich.

Das Buch ist untergliedert in:
Gegen den Widerstand
Die ideale Partnerin
Willensstarke Witwen
Von der Haute Couture zum Schnittmuster
Das Geschäft mit der Schönheit

22 kluge Geschäftsfrauen werden im Buch vorgestellt. Es handelt sich hierbei um: Marie Tussaud (1761-1850), Margarete Steif (1913-1909), Brownie Wise (1913-1992), Ruth Handler (1916-2002), Marion Donovan (1917-1998), Beate Uhse (1919-2001), Kate Gleason (1865-1933), Aino Marsio Aalto (1894-1949), Charlotte Perriand (1903-1999), Maria Bogner (1914-2002), Florence Knoll (1917), Barbe-Nicole Cliquot-Ponsardin (1777-1866), Anna Sacher (1859-1930), Katharine Graham (1917-2001), Coco Chanel (1883-1917), Aenne Burda (1909-2005), Miuccia Prada (1949), Martha Matilda Harper(1857-1950), Helena Rubinstein (1870-1965), Jeanne Toussaint (1887-1878). Estée Lauder (1906-2004) und Patricia Urquiola (1961).

Alle Porträts sind spannend zu lesen. Mit Lebensgeschichten einiger Unternehmerinnen habe ich mich bereits im Rahmen anderer Rezensionen befasst, so etwa mit jener von Coco Chanel Coco Chanel: Ein Leben sowie mit jenen von Beate Uhse und von Marie Tussaud WageMutige Frauen: 16 Porträts aus drei Jahrhunderten. Die Lebensgeschichte von Brownie Wise kannte ich bislang nicht. Wise bescherte zu Beginn der 1950er Jahre der Firma Tupperware aufgrund ihrer innovativen Marktstrategien Millionenumsätze.

Begeistert bin ich immer wieder von Barbe-Nicole Cliquot-Ponsardin, die nach dem frühen Tod ihres Gatten dessen Weinhandel weiterführte, zur Aufstockung des Kapitals ihren Schmuck verkaufte und "Veuve Cliquot Ponsardin" neu gründete, also einen Markennamen einführte, der heute noch weltweit bekannt ist und für exzellenten Champagner steht.

Es führt zu weit über all die Damen im Buch an dieser Stelle Näheres zu schreiben. Das Leben und Schaffen Aenne Burdas beeindruckt mich. Sie rief 1949 in Offenburg eine Modezeitschrift ins Leben und begründete damit die Basis für ein Zeitschriftenimperium. Die äußerst geschäftstüchtige Dame soll ausdrücklich nach Reichtum und Macht gestrebt haben und hat dieses Ziel mit Bravour erreicht.

Dass Miuccia Prada eine promovierte Politologin ist, wusste ich nicht. Die Designerin ist nicht nur eine exzellente Geschäftsfrau, sondern sie schuf gemeinsam mit ihrem Gatten einen Ausstellungsort der Platz bietet für große Installationen, Inszenierungen zeitgenössischer Kunst, aber auch für interdisziplinäre Vorlesungen, (vgl.: S.117). Sie hat also einen intellektuellen Anspruch.

Jede einzelne der Damen war oder ist voller Tatendrang und Geschäftstüchtigkeit. Woher kommt diese Power? Wohl aus einem gesunden, unverbrüchlichen Selbstbewusstsein, gepaart mit Disziplin, Fleiß und dem Glauben daran, dass das, was man sich vornimmt, auch klappt.

Empfehlenswert.


Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.




Rezension: Die klugen Frauen von Weimar - Ulrike Müller

Ulrike Müller befasst sich in diesem Buch mit Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen von Weimar, die während der Weimarer Klassik, der Nachklassik und am Weimarer Bauhaus von sich Reden machten.

Zur Sprache gebracht werden im Kapitel, das sich mit der Weimarer Klassik befasst: Herzogin Anna Amalia, Charlotte von Stein, Corona Schröter, Luise von Göchhausen, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius und Johanna Schopenhauer. Im Rahmen der Nachklassik werden thematisiert: Maria Pawlowna, Bettina von Arnim, Henriette von Schorn, Fanny Lewald, Jenny Lind, Rosalie von Milde, Natalie von Milde. Folgende Frauen am Weimarer Bauhaus werden fokussiert: Gertrud Grunow, Helene Börner, Benita Otte, Gunta Stölzl, Friedel Dicker, Alma Buscher und Marianne Brandt.


Alle die genannten Personen werden sehr gut porträtiert. Über einige der Damen habe ich bereits Biographien, bzw. biographische Romane gelesen. So etwa über Anna Amalia, Charlotte von Stein, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius, Johanna Schopenhauer und Bettina von Arnim und teilweise auch Rezensionen zu den Büchern angefertigt. Ulrike Müller ist es bestens geglückt diese Damen textlich nachzuzeichnen. Durch die vielen Gemäldeablichtungen und Fotos vervollständigt sich das Bild, das man durch die Texte erhält.


Denkt man an Weimar, denkt man zunächst an Goethe, Schiller, Wieland, Herder, Bach, Lucas Cranach, Liszt, Nietzsche und die Künstler des Bauhaus. Man denkt also zunächst an Männer, eventuell noch an Anna Amalia und Charlotte von Stein und doch waren es auch Frauen, die die Weimarer "Goldene und Silberne Zeit" mitprägten, wie es auch während der Bauhaus-Zeit namhafte Pädagoginnen, Weberinnen, Metallgestalterinnen und Grafikerinnen gab, die ihren Teil zur Berühmtheit der Stadt beitrugen.

Ulrike Müller betont gleich zu Beginn, dass die Herzogin Anna Amalia einen achtungsvollen Umgang zwischen den Geschlechtern forderte. Sie war es, die den Versuch einer gleichberechtigten Gesprächskultur unternahm und die Entwicklung des deutschen Musiktheaters förderte. Anna Amalia hat sich mit klugen Frauen umgeben, was m.E. sehr für ihre Klugheit und für ihre ausgereifte Persönlichkeit spricht. Man erfährt nicht nur Wissenswertes über die einzelnen Stationen ihres Lebens, sondern auch, welcher Mensch sie war.

Ihre ZeitgenossInnen nannten sie klug, musisch begabt, temperamentvoll, wissbegierig und unternehmungslustig. Sie soll eine scharfe Beobachterin gewesen sein, die durchaus auch zu spitzen Bemerkungen fähig war. Weil sie mit Intrigen zu kämpfen hatte, sah sie genau hin, bevor sie jemand vertraute oder gar die Freundschaft antrug. Gebildet war sie, ohne Zweifel. Die Herzogin sprach mehrere Sprachen und besaß über 5000 Bücher in ihrer Privatbibliothek, (vgl.: S.14). Aber auch Charlotte von Stein war hochgebildet. Das Porträt von Müller verdeutlicht, dass Frau von Stein eine der wichtigsten und kontinuierlichsten Anregerinnen und Mitwirkenden der weiblichen Geselligkeitskultur in der Weimarer Klassik war.

Natürlich weiß jeder um die Beziehung zu Goethe. Das Ende der Beziehung war schmerzhaft, doch sie ist daran nicht gestorben, sondern entdeckte ihre Kreativität und ihre geistige Unternehmungslust erneut, (vgl.: S.22). Darüber im vorliegenden Buch zu lesen, hat mir Freude bereitet, weil es mir zeigt, dass es durchaus auch ein Leben jenseits der Liebe zu einem vermeintlichen Abgott gibt und zwar auch für Charlotte von Stein, die mit Briefen, Gedichten und einer Fülle von Liebesgaben überhäuft wurde von einem Mann, der zu Lebzeiten bereits eine Legende war.

Gefallen hat mir das Porträt von Luise von Göchhausen, die wohl eine überaus kommunikative Persönlichkeit am Weimarer Musenhof gewesen war. Klug, gebildet und zur Freundschaft begabt, von sprühendem Witz, eine begnadete Briefeschreiberin. Sie war die Kammerfrau Anna-Amalias, mit der sie ein solch enges mentales Band zusammenhielt, dass sie nur wenige Monate nach deren Tod ebenfalls verstarb.

Sehr gut gelungen ist das Porträt Caroline von Wolzogens. Hier empfehle ich weiterführend gerne das Buch von Renate Feyl " Das sanfte Joch der Vortrefflichkeit". Die Schriftstellerin soll sensibel, leidenschaftlich, unruhig, wissbegierig und freiheitsliebend gewesen sein, (vgl.: S.45). Interessant ist folgender Satz von ihr und zwar deshalb, weil sie nicht zuletzt eine doch enge freundschaftliche Beziehung zu Schiller hatte:"Ich schreibe- um mit mir selbst umzugehen, um mich selbst besser verstehen zu lernen, und weil niemand von allen Menschen, die um mich sind, mich genug versteht und ich meine Gedanken doch ausdrücken will." (Zitat. S.46).

Alle, die sich für Goethes Liebesleben interessieren, haben Sigrid Damms "Christiane und Goethe" gelesen und wissen seither, dass man Christiane mit großen Vorurteilen zu ihren Lebzeiten und auch danach begegnet ist. Ich bezweifle, dass Goethe Christiane wirklich liebte. Goethe liebte weder sie noch eine andere Frau. Goethe liebte die Poesie und er liebte sich, ansonsten war er immer wieder neu verliebt, weil ihn dieses Verliebtsein,- nicht Lieben -, zum Dichten inspirierte. Goethe war ein poesiebegabter Kopfmensch. Er fühlte mit Worten, aber nicht mit dem Herzen.

Unbegreiflich bleibt mir auch nach dem Porträt Müllers von Johanna Schopenhauer, wie diese überaus nette, vorurteilslose, hilfsbereite, mitfühlende Frau, einen solch übellaunigen, kauzigen Sohn wie Arthur Schopenhauer zur Welt bringen konnte und ich kann die gebildete, aber enervierende Mutter durchaus verstehen, wenn sie ihm am 13.Dezember 1807 schreibt: "Höre also, auf welchem Fuße ich mit Dir sein will...an meinen Gesellschafttagen kannst Du abends bei mir essen, wenn Du Dich dabei des leidigen Disputierens(....) wie auch allen Lamentierens über die schlechte Welt und das menschliche Elend enthalten willst, weil mir das immer eine schlechte Nacht und üble Träume macht und ich gerne gut schlafe." (Zitat. S.59). Johanna war keineswegs ignorant, sondern einfach nur abgenervt durch den Dauernegativismus Arthurs.

Auch die Porträts der Damen, die in den folgenden Jahrzehnten in Weimar eine Rolle spielten und hier vor allem die Frauenrechtlerinnen Fanny Lewald und Natalie von Milde, aber auch der Frauen am Weimarer Bauhaus habe ich mit großem Interesse gelesen und dabei festgestellt, dass in Weimar, vielleicht aufgrund der Tatsache, dass Anna Amalia den Boden für das intellektuelle Ausleben von Frauen erst einmal ebnete, diese schließlich früher als anderswo in Deutschland, sich zu emanzipierten suchten und selbstständig zu denken sowie zu handeln begannen.

Ein empfehlenswertes Buch.



Rezensionen: Mutige Menschen- Frauen und Männer mit Zivilcourage

"Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein." (Kurt Tucholsky)


Dr. h.c. Joachim Gauck hat das Vorwort zu diesem Buch verfasst, von dem ich hoffe, dass es einen großen Leserkreis erhalten wird. Bevor ich das reich bebilderte Buch zu lesen begann, haben ich bei Wikipedia zu dem Begriff "Zivilcourage" Wissenswertes gelesen und dort einen Satz gefunden, den ich an dieser Stelle zitieren möchte: "In westlich orientierten Gesellschaften zeigt derjenige Zivilcourage, der die Wertorientierung der jeweiligen Gesellschaften, wie z. B. die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", offen und ohne Rücksicht auf eigene Nachteile vertritt."

Die meisten Menschen neigen dazu, sich wegzuducken, weil sie ängstlich sind oder ungern Nachteile in Kauf nehmen. Das leider führt dazu, dass seitens der jeweils Mächtigen in einem nicht wirklich demokratischen Lande die Menschenrechte mit Füßen getreten werden können.

Vordergründig mag es zwar nicht klug sein, gegen den Strom zu schwimmen, allerdings zeigt sich, dass der Adel des Geistes,- die ach so verhassten Gutmenschen - der Garant dafür ist, das die Menschheit noch lebt. Was unterscheidet diesen Adel des Geistes, zu dem ein Dietrich Bonhoeffer ebenso zählte, wie die Geschwister Scholl und auch eine Bärbel Bohley von den Leisertretern, Vorteilsdenkern und Ängstlichen? Diese Frage wird durch die eloquenten Textbeiträge in "Mutige Menschen" gut beantwortet.

Herausgeber dieses Buches, in dem mutige Persönlichkeiten aus dem letzten Jahrhundert pörträtiert werden, ist der Journalist und Autor Ulrich Kühne.

Bei den Persönlichkeiten handelt es sich um: Clara Zetkin, Robert Bosch, Käthe Kollwitz, Louise Schröder, Kurt Tucholsky, Julius Leber, Paul Grüninger, Peter Suhrkamp, Kurt Schuhmacher, Elisabeth Selbert, Elisabeth Schwarzhaupt, Marlene Dietrich, Hans von Donany, Dietrich Bonhoeffer, Robert Havemann, die Persönlichkeiten der Gemeinschaft für Frieden und Aufbau, Ludwig Metz, Walter Janka, Geschwister Scholl, Hermann Gmeiner, Rudolf Augstein, Ruth Pfau, Edeltraud Eckert, Jürgen Braunschweiger, Reinhard Furrer, Alice Schwarzer, Bärbel Bohley, Petra Kelly, Beat Richner, Barbara Nath-Wiser, Monika Hauser, die Persönlichkeiten der Lichterkette E.V. sowie Saithan u. Sinan.

Porträtiert werden diese Menschen von Personen wie Joachim Fest, Egon Bahr, Richard von Weizäcker, Klaus von Donanyi, Prof. Dr. Renate Wind u.a. mehr. Alle Textpaten lernt man am Ende des Buches aufgrund von Kurzviten ein wenig kennen.

Dass Robert Bosch (1861-1942) bereits 1906 in seinen Betrieben den Achtstundentag einführte und 1929 die erste betriebliche Altersversorung gründete, wusste ich ebenso wenig, wie die Tatsache, dass er an den Rüstungsaufträgen des ersten Weltkrieges nichts verdienen wollte und aus diesem Grunde mehrere Millionen für gemeinnützige Zwecke spendete, sich weiterhin nach dem 1. Weltkrieg für die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland einsetzte und im hohen Alter den Widerstand gegen Hitler und dessen Schergen unterstützte als auch einige Verfolgte vor der Deportation retten konnte. Ein Unternehmer und Menschenfreund. Das also ist auch möglich.

Copyright: © akg-images / Wittenstein







Beeindruckt bin ich von dem Mut Julius Lebers, der von den Nazis ebenso ermordet wurde, wie von der Zivilcourage des von mir hochgeschätzten Theologen Dietrich Bonhoeffer und dem Mut der Geschwister Scholl und deren Freunde von der "Weißen Rose". In der Überschrift zum Porträt der Geschwister Scholl von Abt Odilo ist ein Satz aus dem Flugblatt der "Weißen Rose" abgedruckt. "Jeder ist verantwortlich für das, was er geschehen lässt". Alle Menschen mit Mut zur Zivilcourage fühlen sich Sätzen wie diesen verpflichtet.

Copyright:© akg-images / Niklaus Stauss







Mut zur Zivilcorage haben all die im Buch porträtierten Personen aufgebracht, auch der Gründer der SOS-Kinderdörfer Herrmann Gmeiner Für die Kinder dieser Welt: Hermann Gmeiner: Der Vater der SOS-Kinderdörfer - Die Biografie und natürlich auch Alice Schwarzer Emma - die ersten 30 Jahre, der wir Frauen so viel zu verdanken haben. Klaus von Dohnany nennt sie ein Vorbild in unserem ängstlich konformistischen Land. Diesem Urteil schließe ich mich an.

Mutige haben es nicht einfach, wenn sie gegen Unrecht vorgehen wollen, so die Quintessenz des Buches. Zumeist stellt sich ihnen die von den Machthabern instrumentalisierte Mehrheit in den Weg und bekämpft die Mutigen, die ihnen doch eigentlich helfen wollen, gnadenlos, stellt sie an den Pranger oder tötet sie.

Ist die Masse per se dumm oder nur abgründig manipuliert?

Die Frage stellt sich, wie können Menschen mit Zivilcourage die Masse für sich gewinnen, um dem Guten schneller den Weg zu bahnen? Eine Anwort auf diese Frage hat man bislang leider noch nicht gefunden, deshalb auch machen die Rattenfänger überall nach wie vor fette Beute. Grund genug, immer wieder an den Adel des Geistes zu erinnern.

Empfehlenswert.
Bilder zur Verfügung gestellt vom  ZS Verlag  Zabert Sandmann GmbH