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Rezension: Die klugen Frauen von Weimar - Ulrike Müller

Ulrike Müller befasst sich in diesem Buch mit Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen von Weimar, die während der Weimarer Klassik, der Nachklassik und am Weimarer Bauhaus von sich Reden machten.

Zur Sprache gebracht werden im Kapitel, das sich mit der Weimarer Klassik befasst: Herzogin Anna Amalia, Charlotte von Stein, Corona Schröter, Luise von Göchhausen, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius und Johanna Schopenhauer. Im Rahmen der Nachklassik werden thematisiert: Maria Pawlowna, Bettina von Arnim, Henriette von Schorn, Fanny Lewald, Jenny Lind, Rosalie von Milde, Natalie von Milde. Folgende Frauen am Weimarer Bauhaus werden fokussiert: Gertrud Grunow, Helene Börner, Benita Otte, Gunta Stölzl, Friedel Dicker, Alma Buscher und Marianne Brandt.


Alle die genannten Personen werden sehr gut porträtiert. Über einige der Damen habe ich bereits Biographien, bzw. biographische Romane gelesen. So etwa über Anna Amalia, Charlotte von Stein, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius, Johanna Schopenhauer und Bettina von Arnim und teilweise auch Rezensionen zu den Büchern angefertigt. Ulrike Müller ist es bestens geglückt diese Damen textlich nachzuzeichnen. Durch die vielen Gemäldeablichtungen und Fotos vervollständigt sich das Bild, das man durch die Texte erhält.


Denkt man an Weimar, denkt man zunächst an Goethe, Schiller, Wieland, Herder, Bach, Lucas Cranach, Liszt, Nietzsche und die Künstler des Bauhaus. Man denkt also zunächst an Männer, eventuell noch an Anna Amalia und Charlotte von Stein und doch waren es auch Frauen, die die Weimarer "Goldene und Silberne Zeit" mitprägten, wie es auch während der Bauhaus-Zeit namhafte Pädagoginnen, Weberinnen, Metallgestalterinnen und Grafikerinnen gab, die ihren Teil zur Berühmtheit der Stadt beitrugen.

Ulrike Müller betont gleich zu Beginn, dass die Herzogin Anna Amalia einen achtungsvollen Umgang zwischen den Geschlechtern forderte. Sie war es, die den Versuch einer gleichberechtigten Gesprächskultur unternahm und die Entwicklung des deutschen Musiktheaters förderte. Anna Amalia hat sich mit klugen Frauen umgeben, was m.E. sehr für ihre Klugheit und für ihre ausgereifte Persönlichkeit spricht. Man erfährt nicht nur Wissenswertes über die einzelnen Stationen ihres Lebens, sondern auch, welcher Mensch sie war.

Ihre ZeitgenossInnen nannten sie klug, musisch begabt, temperamentvoll, wissbegierig und unternehmungslustig. Sie soll eine scharfe Beobachterin gewesen sein, die durchaus auch zu spitzen Bemerkungen fähig war. Weil sie mit Intrigen zu kämpfen hatte, sah sie genau hin, bevor sie jemand vertraute oder gar die Freundschaft antrug. Gebildet war sie, ohne Zweifel. Die Herzogin sprach mehrere Sprachen und besaß über 5000 Bücher in ihrer Privatbibliothek, (vgl.: S.14). Aber auch Charlotte von Stein war hochgebildet. Das Porträt von Müller verdeutlicht, dass Frau von Stein eine der wichtigsten und kontinuierlichsten Anregerinnen und Mitwirkenden der weiblichen Geselligkeitskultur in der Weimarer Klassik war.

Natürlich weiß jeder um die Beziehung zu Goethe. Das Ende der Beziehung war schmerzhaft, doch sie ist daran nicht gestorben, sondern entdeckte ihre Kreativität und ihre geistige Unternehmungslust erneut, (vgl.: S.22). Darüber im vorliegenden Buch zu lesen, hat mir Freude bereitet, weil es mir zeigt, dass es durchaus auch ein Leben jenseits der Liebe zu einem vermeintlichen Abgott gibt und zwar auch für Charlotte von Stein, die mit Briefen, Gedichten und einer Fülle von Liebesgaben überhäuft wurde von einem Mann, der zu Lebzeiten bereits eine Legende war.

Gefallen hat mir das Porträt von Luise von Göchhausen, die wohl eine überaus kommunikative Persönlichkeit am Weimarer Musenhof gewesen war. Klug, gebildet und zur Freundschaft begabt, von sprühendem Witz, eine begnadete Briefeschreiberin. Sie war die Kammerfrau Anna-Amalias, mit der sie ein solch enges mentales Band zusammenhielt, dass sie nur wenige Monate nach deren Tod ebenfalls verstarb.

Sehr gut gelungen ist das Porträt Caroline von Wolzogens. Hier empfehle ich weiterführend gerne das Buch von Renate Feyl " Das sanfte Joch der Vortrefflichkeit". Die Schriftstellerin soll sensibel, leidenschaftlich, unruhig, wissbegierig und freiheitsliebend gewesen sein, (vgl.: S.45). Interessant ist folgender Satz von ihr und zwar deshalb, weil sie nicht zuletzt eine doch enge freundschaftliche Beziehung zu Schiller hatte:"Ich schreibe- um mit mir selbst umzugehen, um mich selbst besser verstehen zu lernen, und weil niemand von allen Menschen, die um mich sind, mich genug versteht und ich meine Gedanken doch ausdrücken will." (Zitat. S.46).

Alle, die sich für Goethes Liebesleben interessieren, haben Sigrid Damms "Christiane und Goethe" gelesen und wissen seither, dass man Christiane mit großen Vorurteilen zu ihren Lebzeiten und auch danach begegnet ist. Ich bezweifle, dass Goethe Christiane wirklich liebte. Goethe liebte weder sie noch eine andere Frau. Goethe liebte die Poesie und er liebte sich, ansonsten war er immer wieder neu verliebt, weil ihn dieses Verliebtsein,- nicht Lieben -, zum Dichten inspirierte. Goethe war ein poesiebegabter Kopfmensch. Er fühlte mit Worten, aber nicht mit dem Herzen.

Unbegreiflich bleibt mir auch nach dem Porträt Müllers von Johanna Schopenhauer, wie diese überaus nette, vorurteilslose, hilfsbereite, mitfühlende Frau, einen solch übellaunigen, kauzigen Sohn wie Arthur Schopenhauer zur Welt bringen konnte und ich kann die gebildete, aber enervierende Mutter durchaus verstehen, wenn sie ihm am 13.Dezember 1807 schreibt: "Höre also, auf welchem Fuße ich mit Dir sein will...an meinen Gesellschafttagen kannst Du abends bei mir essen, wenn Du Dich dabei des leidigen Disputierens(....) wie auch allen Lamentierens über die schlechte Welt und das menschliche Elend enthalten willst, weil mir das immer eine schlechte Nacht und üble Träume macht und ich gerne gut schlafe." (Zitat. S.59). Johanna war keineswegs ignorant, sondern einfach nur abgenervt durch den Dauernegativismus Arthurs.

Auch die Porträts der Damen, die in den folgenden Jahrzehnten in Weimar eine Rolle spielten und hier vor allem die Frauenrechtlerinnen Fanny Lewald und Natalie von Milde, aber auch der Frauen am Weimarer Bauhaus habe ich mit großem Interesse gelesen und dabei festgestellt, dass in Weimar, vielleicht aufgrund der Tatsache, dass Anna Amalia den Boden für das intellektuelle Ausleben von Frauen erst einmal ebnete, diese schließlich früher als anderswo in Deutschland, sich zu emanzipierten suchten und selbstständig zu denken sowie zu handeln begannen.

Ein empfehlenswertes Buch.



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