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Rezension: Weimarer Persönlichkeiten- Ulrich Völkel (HG.)

Herausgeber dieses bemerkenswerten Buches ist der seit 2001 in Weimar lebende Schriftsteller und Lektor  UIrich Völkel. 

Wer Weimar schätzt oder gar liebt und sich mit den Protagonisten dieser Stadt aus unterschiedlichen Jahrhunderten näher befassen möchte, sollte dieses Nachschlagewerk immer wieder zur Hand nehmen, denn hier warten 350 Beiträge darauf, gelesen zu werden. Die Personen, um die es in den Texten geht, haben alle über einen gewissen Zeitraum hinweg in Weimar gelebt oder  die Stadt zumindest besucht oder ihre Werke dort präsentiert. 

Neben den spannend zu lesenden Beiträgen, umfasst das Buch eine Fülle von Abbildungen, die selbst Weimarkennern nicht immer bekannt sein dürften. Dabei ist das Werk alphabetisch angelegt und beginnt mit Anmerkungen zu Hermann Abendroth, einem aus Frankfurt stammenden Komponisten und Dirigenten, der bereits als Student die Leitung des Münchner Orchestervereins übernahm und nach dem 2. Weltkrieg die Stelle als musikalischer Oberleiter der Weimarischen Staatskapelle begleitet hat. Er zählt wie viele andere Personen, die im Buch zur Sprache kommen, zu den Ehrenbürgern der Stadt. 

Natürlich erfährt man Wissenswertes über Anna Amalia, auch Bettina von Arnim bleibt nicht ausgespart und selbstverständlich liest man von den  großen Musikern und Dichtern, die zeitweilig oder fast ihr gesamtes Leben hindurch in Weimar lebten. Unbekannt war mir bislang, dass Marlene Dietrich 1918 an der Musikhochschule in Weimar eine Ausbildung als Konzertgeigerin begann, später dann das Studium in Berlin fortsetzte, bevor sie Schauspielunterricht bekam und zu diesem Zeitpunkt schon seitens des Theaterregisseurs Max Reinhardt am Deutschen Theater engagiert war. All dies gehört zudem Persönlichkeitsmosaik "Weimar", der Stadt, die 1999  zur Kulturhauptstadt Europas gekürt wurde.

Zu Goethes Zeiten zog es viele Kulturinteressierte nach Weimar, doch auch zu Zeiten Liszts und des Bauhauses, war Weimar der "In-Place"   aller Kulturinteressierten und Kulturschaffenden. 

Weimarer Hofdamen lernt man kennen, wird  zudem über Iffland, Caroline Jagemann und Jean Paul informiert, erfährt, dass Franz Kafka 1912 den Ort bereiste und liest als Goethe-Fan nichts Neues, wenn man darauf stößt, dass Thomas Mann anlässlich Goethes 200. Geburtstags in Weimar weilte und die Ehrenbürgerwürde der Stadt erhielt. Auch Rilke übrigens ließ sich Weimar nicht entgehen.

Jorge Semprún, der einstige Widerstandskämpfer und spätere spanische Kulturminister wurde 1944 von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert, ein Schreckensort, der unweit von Weimar gelegen ist.   Es ist lobenswert, dass man Buchenwald nicht  ausgeklammert hat.

Natürlich wurde Charlotte von Stein nicht vergessen und auch Henry van de Velde nicht.  Sogar einen Blick in Christiane von Goethes Geburtshaus darf man werfen und freut sich, zu lesen, dass sie eine natürliche Intelligenz und vor allem Herzensbildung besaß, "die dem überragenden Geist Goethes lebenslange Zuneigung und Respekt abforderte."

Ob dieser Satz Charlotte und der Weimarer Hofgesellschaft gefallen hätte, sei dahingestellt.  Er zeigt, dass der Herausgeber an alten Legenden nicht weiter festhält und geerdete Geschichtsdarstellung betreibt.


Ein sehr empfehlenswertes Buch 

Helga König

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