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Rezension:Der neunte Ton: Gedanken eines Getriebenen

Der Musiker Peter Maffay hat mit "Der 9. Ton" ein überaus nachdenkliches Buch geschrieben, das anstelle eines Klappentextes ein Zitat von ihm enthält. Weil ich das Zitat sehr gut finde, möchte ich es zu Anfang meiner Rezension wiedergeben: "Die Tonleiter hat acht Töne, der neunte Ton ist der gute Ton. Er steht für das Miteinander, für Begeisterungsfähigkeit und Selbstvertrauen. Wenn wir alle diesen Ton beherrschen wie Musiker in einem Orchester, können wir Perspektiven für eine Gesellschaft erzeugen, in der Vielfalt und Dialog selbstverständlich sind. Der neunte Ton ist eine nie endende Herausforderung, eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen, und dazu gibt es keine Alternative."

 Der Gedanke lässt bereits erahnen, dass in diesem Buch keine Selbstdarsteller uns mit Geplauder aus der Bussi-Gesellschaft auf die Nerven gehen möchte, sondern dass hier ein Mensch mit Tiefe ein humanistisches Anliegen hat. Blättert man vorm Lesen im Buch, hat man Gelegenheit eine Anzahl von Schwarz-Weiß-Bilder zu betrachten und handschriftliche Sentenzen von Maffay zu lesen. Zwei Bilder aus seiner Jugend in den 1960er Jahren stehen am Anfang und schon ist man im Hier und Heute, wird mit vielen Kinderbilder konfrontiert, auch mit einem Foto, dass den Autor mit dem südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu zeigt, wenig später ein weiteres bei einer Audienz mit Papst Benedikt XVI. und schließlich den Sänger bei der Andacht in seiner Kapelle auf Mallorca, dem erneut ein Kinderbild folgt.

 Jedes Kapitel beginnt mit einer Sentenz. Zuallererst steht da der Satz: "Denn wenn es irgendetwas gibt, wofür es sich zu leben lohnt, ist dass man wirklich liebt." Das sehe ich genauso, denn Lieblosigkeit hat immer nur Leid zur Folge.

Maffay berichtet von seiner Kindheit in Rumänien, von den klaren Wertvorstellungen seiner Eltern, seinem Vater, der sich gegen das totalitäre Regime dort damals widersetzte, der verhaftet und gefoltert wurde und der aufgrund seiner Aufrichtigkeit und Geradlinigkeit bis zum heutigen Tag sein Vorbild ist. Maffay berichtet weiter von der Ausreise der Familie aus Rumänien nach Deutschland und dem Neustart. Dann aber schwenkt er sogleich ins Jetzt und ist mit seinen Gedanken bei seinem Sohn, mit dem er gemeinsam mit seiner Frau auf Mallorca lebt, wenn er nicht gerade aufgrund seiner vielen Aktivitäten weltweit unterwegs ist. Er schreibt auch von der Kapelle, die er dort auf seinem Anwesen vor einigen Jahren errichtet hat und seiner Beziehung zum Glauben.

Für ihn ist das Prinzip der Nächstenliebe das wichtigste Gebot. Diesen Begriff reflektiert er zunächst, denn er ist die Grundlage für sein humanistisches Engagement. Wie er nicht grundlos festhält, setzt Nächstenliebe voraus, das man sein Gegenüber so akzeptiert wie es ist, mit all seinen Fehlern und Schwächen. Man muss Kompromisse schließen können, Toleranz üben und erkennen, dass wir "unabhängig von unserer Herkunft, unserem gesellschaftlichen Status, unserer Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung auf einem begrenzten Raum zusammen leben müssen." (S.22).

Wohl wahr. Maffay räumt ein, dass es auch für ihn nicht immer leicht ist, die innere Balance zu finden, um auch im täglichen Miteinander stets seinem inneren Anspruch im Hinblick auf Toleranz und Nächstenliebe gerecht zu werden.

Der Sänger unterstützt benachteiligte Kinder auf vielfältige Weise, sieht darin seine Verpflichtung. Er gibt etwas zurück als Dank dafür, was er bekommen hat. Er schreibt, dass täglich weltweit 10. 000 Kinder an den Folgen von Hunger, Krieg, Armut und sozialer Ungerechtigkeit sterben und hebt hervor, dass unsere Wertvorstellungen nicht weiter wirtschaftlichen Interessen geopfert werden dürfen.

Der Autor erzählt von seinem kleinen Sohn, wie dieser Empathie schon im zarten Alter lebt, indem er für eine winzige, herrenlose Katze Verantwortung übernommen hat. Mitgefühl heißt letztlich Verantwortung zu übernehmen. Peter Maffay übernahm Verantwortung schon früh und gründete schließlich eine Stiftung. Seine Aufgabe sieht er seither darin, traumatisierten Kindern zu helfen.

Das Ferienhaus der Stiftung befindet sich im Norden Mallorcas, nicht weit von seinem Wohnhaus entfernt. Dort nutzen haben in den letzten zwölf Jahren 8000 Kinder den Ort für kostenlose therapeutische Ferienaufenthalte nutzen können. Viele dieser Kinder sind ihrer Kindheit beraubt worden und wurden zumeist von erwachsenen Mitgliedern der Gesellschaft verletzt.

Maffay reflektiert gesellschaftliche Missstände und sagt zutreffend: "Das eigentliche Problem ist, dass die Menschen in unserer Gesellschaft zunehmend egoistisch und selbstverliebt werden. Leider ist dies auch eine Folge der Globalisierung, " (S.40).

Der Autor berichtet von anderen engagierten Musikern, nicht zuletzt von Wolfgang Niedecken und Udo Lindenberg, schreibt von seinen Freunden und Weggefährten und dass seine Band ein Teil seiner Familie, letztlich sein spezieller Schutzraum sei. Die Musik schenkt ihm Kraft und Inspiration und ist für ihn das perfekte Medium, sich auszuleben und seine Vorstellungen und Gefühle zu kommunizieren.

Man staunt, mit wie vielen Persönlichkeiten sich Maffay aufgrund seines sozialen Engagements weltweit getroffen hat, welche Freundschaften entstanden sind und wie sehr er den Begriff "Freundschaft" überdacht hat. Er pflegt seine Freundschaften ähnlich wie Frank Elsner, den er auch als Mensch sehr schätzt. Maffay hat im Laufe seines Lebens immer wieder Kontakt mit Politikern. Es sind Politiker wie Willi Brandt und Joachim Gauck, die er besonders hervorhebt, Politiker mit sozialem Engagement und zentralen Botschaften im Hinblick auf Mitmenschlichkeit.

Doch ich möchte nicht über all die interessanten Begegnungen über die Maffay im Buch berichtet, hier schreiben, sondern nur zusammenfassen, dass es sehr interessant ist, zu lesen, was die Begegnungen mit bestimmten Menschen aus Maffay hat werden lassen. Friede und Mitmenschlichkeit sind die Werte, für die dieser Mann sich einsetzt und für die er seinen Bekanntheitsgrad nutzt. Dabei denkt er sehr ökologisch und lebt sein Denken, hat seine Herkunft nicht vergessen und bringt es einfach auf den Punkt, wenn er sagt, dass wir alle Hass und Dummheit überwinden müssen und den 9. Ton zum 11. Gebot machen sollten. Zur Erinnerung: Der neunte Ton steht für das Miteinander, für Respekt, für Begeisterungsfähigkeit und Selbstvertrauen.

 Empfehlenswert. 


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