Minnelied des französischen Troubadours B. de Ventadour( 1125-1195).
Die von mir hochgeschätzte Régine Pernoud ist eine der führenden Historikerinnen Frankreichs. Ihre Bücher habe ich alle gelesen und bin vom gleichbleibenden Niveau ihrer Texte stets aufs Neue begeistert.Für das vorliegende Buch hat sie den Grand Prix Historia verliehen bekommen. Den äußerst differenzierten Betrachtungen des Lebens von Eleonore von Aquitanien, Königin von Frankreich und dann von England sind bibliographische Hinweise, eine Karte von England und Frankreich und ein Stammbaum angefügt.
Die junge Eleonore soll hübsch, klug, lebhaft, mit einer Vorliebe für Liebeslieder und Abenteuer gewesen sein. In ihrem hitzigen Blut ist sie offenbar ihrem Großvater Wilhelm dem Troubadour nachgeschlagen.Als den Herzog Wilhelm X. von Aquitanien der Tod ereilt, vermählt sich seine Tochter, um einem frühen Wunsche ihres Vaters zu gehorchen, mit Ludwig, dem Erben des Königs von Frankreich. Sie ist in jenem aufregenden, raffinierten Languedoc aufgewachsen, wo sich trotz der lockeren Sitten die asketische Lehre der Katharer verbreiten kann und ist deshalb das Gegenteil ihres Gemahls, der bereits einen Monat nach der Hochzeit die Lilienkrone trägt.
Sie ist so sinnlich und graziös wie er fromm und plump. Eleonore erträgt das gemeinsame Leben mit dem " königlichen Schreiber " fünfzehn Jahre lang. Während des zweiten Kreuzzugs, auf dem sie ihn begleitet, teilt sie ihm in Antiochos ihren Entschluss mit, sich scheiden zu lassen. " Ich glaubte einen Mann zu heiraten und keinen Mönch!" Vom Orient betört - zweifellos auch von ihrem Onkel Raimond de Poitiers und dem Mohammedaner Saladin -, denkt sie daran sich dort niederzulassen.
Aber Ludwig VII. ist keineswegs gewillt, auf diese Weise seine Frau und deren Mitgift, Aquitanien zu verlieren. Er entführt sie mit Gewalt aus Antiochos und fährt mit ihr an die Ufer der Seine zurück. Es hilft nichts. Nachdem das Konzil von Beaugency bei den Eheleuten eine Blutsverwandtschaft sechsten Grades festgestellt hatte, annulliert es am Palmsonntag des Jahres 1152 die Ehe von Eleonore und Ludwig. Aquitanien geht an ihre einstige Besitzerin zurück. Die Herzogin Eleonore ist frei. Wird sie sich erneut nach dem Heiligen Land einschiffen und zu ihren erotischen Liebschaften zurückkehren? Nein, sie hat sich in Heinrich Plantagenet, Graf Anjou, verliebt, als dieser dem König von Frankreich seine Lehenshuldigung darbrachte. Zwei Monate nach ihrer Scheidung heiratet sie ihn und schenkt ihm zur Hochzeit Aquitanien.
Ab 1154 herrscht Heinrich II. und Eleonore über England: Ihr Reich erstreckt sich von Schottland bis zu den Pyrenäen. In Wirklichkeit verwaltet Eleonore von Aquitanien allein, denn Heinrich, der in den nördlichen Marken oder in der Normandie Krieg führt, kann sich nicht darum kümmern. Zu jener Zeit lebt sie prunkvoll abwechselnd in Potiers, Niort und Bordeaux, umgeben von hübschen eleganten Damen und galanten, redegewandten Herren. Sie beschützt die Troubadoure und Gelehrte, erfindet " Kurse der Liebe " und reagiert flink bei geistvollen Spielen, verachtet darum keineswegs die Freude des Körpers. Heinrich ist weit weg und untreu, so gibt sie ihrer ungestümen Natur nach.
Sie liebt Herren, die dichten und Dichter, die keine Herren sind, darunter vermutlich Bernard de Ventadour. Sie ist Künstlerin und Liebende und betrachtet sich als Beschützerin der öffentlichen Belange.Die Herzogin Eleonore urteilt, erlässt Gesetze, unterstützt die Kommunalbewegung. Es heißt sie habe sogar ein Gesetz für Seefahrt verfasst. Im Jahre 1173 wird ihre mütterliche Leidenschaft ihr zum Verhängnis. Da sie den Aufstand ihrer Söhne Heinrich, Richard und Geoffroy gegen den Vater unterstützt hatte, lässt Plantagenet sie zuerst in einem Kloster, dann im Schloss von Salisbury festsetzen.
Erst nach dem Tode Heinrichs des II. 1189 wird sie frei. Von jetzt an wird sie bis zu ihrem letzten Atemzug alles daran setzen, die Familienangelegenheiten, also Staatsangelegenheiten, in Ordnung zu bringen. Ihren Sohn Richard I. von England hält Kaiser Heinrich VI. gefangen. Sie regiert sein Königreich und bringt dem Deutschen selber die hunderttausend Pfund, die er als Lösegeld für Richard Löwenherz verlangt.Im Jahre 1202 überquert die unbezähmbare Eleonore trotz ihres Alters die Berge. In Spanien führt sie die Verhandlungen über die Verlobung ihrer Enkelin Blanche, Tochter des Königs von Kastilien , mit dem zukünftigen Ludwig VIII. von Frankreich und setzt damit dem Krieg, den England seit fünf Jahren mit Frankreich führt, ein Ende. In der Abtei von Fontevrault, für die sie stets eine Vorliebe gehabt hatte, findet Eleonore von Aquitanien den Tod und wird dort zwischen Heinrich II. und Richard I. bestattet.
Pernoud schreibt: " Sie sieht in dem warmen Ton ihres Grabsteins nicht wie eine Tote aus. Zu ihrer Zeit kannte man ja auch noch nicht jenen groben Realismus, der in der Renaissance aufkam und die Toten gerne als Kadaver zeigte."
Recht hat die Historikerin. Eleonore sieht auf dem Rosa und Hellblau gehaltenen Grabstein wunderschön aus. In ihren Händen hält sie ein Buch, dass darauf hindeutet, das dort die Königin der Intellektuellen ihrer Zeit bestattet worden ist. Dieser Anblick in Fontevrault hat mich tief berührt.
Wie alle Bücher Pernouds zeugt auch dieses Buch vom kritischen, historischen Verstand der Autorin.
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