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Rezension:Lou Andreas-Salomé und Rilke - eine amour fou (insel taschenbuch) (Taschenbuch)

Was hat mich motiviert dieses Buch zu lesen? Nun, es war eine kleine ärgerliche Bemerkung, die ich irgendwann irgendwo las, wonach Rilke Lou Andreas Salomé "gehabt haben" sollte. Eine unschöne Formulierung wie ich finde, die zudem nicht der Wahrheit entspricht, denn Lou Andreas Salomé war eine Frau, die weder von Rilke noch sonst einem Mann in Besitz genommen werden konnte, noch nicht einmal für eine kurze Weile. Diese Frau war ein Freigeist.

Ihr Alter ego hieß übrigens "Helga von S.". Lou Andreas Salomé hat gegen diese von ihrer Freundin Frieda von Bülow geschaffene Figur in deren Schlüsselerzählung "Zwei Menschen" nichts einzuwenden, sondern unterschrieb sogar mit dem Namen "Helga" einen Eintrag in ein Gästebuch und bekannte sich insofern indirekt zu der Persönlichkeitsanalyse, wonach Lou eine Vampirnatur besessen hat, die anderen das Herzblut gierig aussaugte, um daraus Kraft zu überquellendem Frohsinn zu ziehen, (vgl.: S.85).

Frieda von Bülow lässt das Alter ego von Lous Andreas-Salomé sagen: "Einer gefällt mir, und ich bekomme einen riesigen Appetit auf ihn. Und dann gehe ich geradewegs auf ihn los und fasse ihn mit beiden Händen. Ich möchte dann mit ihm zusammen sein den ganzen Tag- jeden Tag! Jede Stunde ärgert mich, die ich ohne ihn verbringen muss. Sie ist nur mit Warten ausgefüllt...Nichts beschäftigt mich als dieser Mensch."
"Und dann?"
"Dann freß ich ihn auf"
"Das klingt ja ganz schauerlich!"
"Ich kann`s auch zarter ausdrücken: Ich nehme den ganzen Inhalt seines Wesens in mich auf!" (Zitat: S.85)

Ich zitiere diese Textstelle nicht grundlos, denn ich finde, dass sie das Verhaltensmuster dieser schönen und dabei hochintellektuellen Lou Andreas Salomé sehr gut beschreibt. Der Dichter Reiner Maria Rilke wusste um die Vieldimensionalität dieser von ihm geliebten Frau und begriff sehr schnell, dass darin der Grund für die zeitliche Begrenztheit ihrer Liebe liegen würde, (vgl.S.88).

Im Buch lernt man das Leben beider Personen kennen und auch wie ihre Wege zusammentreffen und sich letztlich wieder trennen, zumindest was die Liebesbeziehung anbelangt.

Lou war von Anfang an eine Frau, die von vielen Männern begehrt wurde. Friedrich Nietzsche war nicht der einzige, der von ihr einen Korb erhielt. Die nicht nur von Rilke geliebte Frau war übrigens Schriftstellerin, Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin aus einer russisch-deutschen Familie, die ein selbstbestimmtes Leben lebte, 47 Jahre hindurch mit Carl Andreas Salomé verheiratet war, mit dem sie zeitlebens nicht beischlief.

Man vermutet allerdings, dass sie zahlreiche Liebschaften hatte, sicher auch mit Rilke, dem sie sich als Frau jahrelang verbunden fühlte, weil er  ihr das erstmals Wirkliche gewesen war, (vgl.: S.130).

Das Buch zeigt die innige, geradezu spirituelle Beziehung, die Lou und Rainer miteinander hatten. Rilke hätte niemals mit den Worten über Lou triumphiert "ich hatte sie gehabt", sondern schrieb stattdessen nachdem sie ihn im Jahre 1901 verließ:

"Warst mir die mütterlichste der Frauen
Ein Freund warst du wie Männer sind,
ein Weib so warst Du anzuschauen,
und öfter noch warst Du ein Kind.
Du warst das Zarteste, das mir begegnet,
das Härteste warst Du, damit ich rang.
Du warst das Hohe, das mich gesegnet-
Und wurdest der Abgrund, der mich verschlang."
Siehe S.88

Rainer und Lou waren zwei Liebende, die sich nicht auf der Ebene begegneten. Darin liegt die Besonderheit dieser Beziehung. Lou Andreas-Salomé trennte sich von Rilke, blieb ihm aber ein Leben lang freundschaftlich verbunden.

Empfehlenswert.

Helga König

Überall im Buchhandel erhältlich.

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