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Rezension:Münchnerinnen, die lesen, sind gefährlich (Gebundene Ausgabe)

Claudia Treibler porträtiert in diesem kleinen Büchlein 16 Frauen, die sich im vergangenen Jahrhundert im München einen Namen gemacht haben. Dabei ordnet die Autorin ihre Texte folgenden Kopfzeilen unter:

Gestutzte Flügel

Zwischen Wirtshaus und Rebellion

Musen, Gefährtinnen, Kämpferinnen

Verehrung, Verfolgung, Widerstand

Wiederaufbau
Was die Frauen, die zwischen 1870 und den 1990er Jahren in München lebten und wirkten, vereint, ist die Tatsache, dass sie alle gerne und oft ihre Nasen in Bücher steckten.

Man lernt zunächst das München des späten 19. Jahrhunderts kennen. Dies war die Zeit, als aus der Kleinstadt München eine Metropole wurde. Mädchen konnten damals in München noch kein Abitur machen und demzufolge auch nicht studieren. Allerdings hatten Frauen, die Ehrgeiz und Geld besaßen, die Chance in die Schweiz zu gehen. Dort nämlich konnten Frauen Abitur machen und seit 1864 auch studieren, (vgl.: S.18).

Das Salonwesen war in München nicht so ausgeprägt, wie in Paris oder Berlin und zwar, weil die gesellschaftlichen Zirkel weniger durchlässig waren als in anderen Städten, (vgl.: S.19).

Der Leser lernt u.a. die Salondame Elsa Bernstein (1866-1949) kennen, zu deren Gästen Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Ludwig Thoma, Ludwig Ganghofer, Franz Stuck und August von Kaulbach zählten, (vgl.: S.31). Dass sie 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, war tragisch. Erwähnt werden muss, dass Frau Bernstein vielen Mithäftlingen Kraft gab, das Frauen zu überstehen, (vgl.: S.26).Diese Münchnerin zeichnete sich wie viele anderen Damen im Buch nicht nur durch Nachdenklichkeit, sondern auch durch eine große Empathiefähigkeit aus.

Sehr gut hat mir das Porträt von Dr. Anita Augpurg (1857-1943) gefallen. Die Frauenrechtlerin war die erste deutsche, promovierte Juristin, hatte in Zürich studiert und lebte mit einer Frau zusammen. Diese Münchnerin versuchte sich für die Gleichstellung der Frauen stark zu machen als 1900 das BGB in Kraft trat. Allerdings blieben die Frauen bis im Jahr 1976 noch benachteiligt, wenn es um die Gleichheit in der Ehe ging. Dass die Nazis Dr. Augspurg 1923 bereits auf die Liste der zu liquidierenden Personen setzten ist klar. Als Hitler 1933 an die Macht kam, befand sich die Juristin gerade im Ausland und ging nach Zürich ins Exil.

Das Schwabing in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts ist ein Thema. Dort war man auf der Suche nach einer neuen Moral, die sich, wie andere Reformbewegungen der Zeit auch, gegen Prüderie und Sexualfeindlichkeit wandte, (vgl.: S.48). Die Schriftstellerin Franziska zu Reventlow (1871-1918), die mit vielen Intellektuellen ihrer Zeit befreundet war und versuchte, ein freies Leben zu führen, konnte wie kaum eine andere Frau in jener Zeit in Erfahrung bringen, welchen Tribut sie für ein solches Leben zu zahlen hatte. Reventlow war ihrer Zeit Lichtjahre voraus.

Sehr bemerkenswert auch ist das Porträt Katia Manns (1883-1980), die alle als die Gattin von Thomas Mann kennen. Doch wer weiß schon, dass diese Frau eine der ersten immatrikulierten Studentinnen Münchens war? Sie studierte übrigens Mathematik und Physik. Ihre Großmutter war Hedwig Dohm, eine Vorkämpferin der Frauenbewegung.

Es werden in der Folge eine Reihe sehr kluger und dabei tapferer Frauen vorgestellt u.a. die Friedensaktivistin Constanze Hallgarten (1881-1969), die vor den Nazis ebenfalls in die Schweiz floh.
Man liest von der Judenverfolgung in München, auch von dem, was Frauen in München während der Kriegszeit zu schultern hatten und von der Bombardierung, durch die 90% der Innenstadt zerstört wurde.

Des Weiteren begegnet man der Intellektuellen Erika Mann, die ein Kabarett, offiziell literarischer Natur, allerdings mit politischen Untertönen, in München gründete, lernt auch die jüdische Schriftstellerin Gerty Spies kennen, die den Satz prägte "Verzeihen- aber nicht vergessen. Das Herz reinhalten von Hass- und Rachegefühlen", um schließlich im letzten Kapitel über die lesenden Frauen der Aufbaujahre nach dem Krieg informiert zu werden. In jener Zeit galt noch die klassische Rollenaufteilung und doch gab es Frauen, die sich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihrem beruflichen Engagement davon nicht beeindrucken ließen.

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