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Rezension:Die 50 wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte (Gebundene Ausgabe)

Alexander Emmerich hat mit seinem Titel eine Steilvorlage für die Kritiker der Nation geliefert, indem er die im Buch sehr gut porträtierten fünfzig Damen als die "wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte" bezeichnet. Wer ist wichtig? Wer wichtiger? Wer am wichtigsten? Wann ist jemand wichtig? Dann, wenn er intensiv durch sein Tun einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet oder dann, wenn er Zweckdienliches für eine kleine elitäre Gruppe unternimmt?

Weshalb prangt, wenig sympathisch, Liselotte von der Pfalz auf dem Cover ganz vorne und streckt uns Lesern ihr Doppelkinn, das nicht gerade von großer Disziplin zeugt, entgegen, während Sophie Scholl, eine der tapfersten Frauen des letzten Jahrhunderts, versteckt im Hintergrund, erst auf den zweiten Blick zu sehen ist? Soll durch diese Darstellung die Realität in den Zeitläuften visualisiert werden? Soll klar erkennbar werden, dass das Zerstörerische stets den Platz in der Loge eines Theaters hat? Fast scheint es so.

Emmerich stellt jedem der gut ausgeloteten Porträt immer eine Frage voran, deren Beantwortung sich dann aus der jeweiligen Kurzbiographie ergibt. Gefragt wird beispielweise:

"Welche Frau kämpfte in der badischen Revolution von 1849?"

"Wann promovierte die erste deutsche Ärztin?"

"Welche Frau verweigerte Kaiser Wilhelm II. eine Goldmedaille als Auszeichnung für ihre Kunst?"

"Wer fehlte bei der Nobelpreisverleihung an Otto Hahn?"

"Welche Frau nahm sich aus Protest gegen die Machenschaften ihres Mannes das Leben?"

Stets sind Bilder von den Frauen in die Kurzbiographien eingebunden, die nicht selten sehr aussagekräftig sind, was den Charakter der einzelnen Personen anbelangt.

Mich beeindrucken die widerständigen Frauen am meisten, Frauen, wie die Schriftstellerin Anita Augspurg. Die promovierte Juristin war u.a. Herausgeberin der "Zeitschrift für Frauenstimmrecht" und auch für das Magazin "Die Frau im Staat", das feministische, radikaldemokratische und pazifistische Positionen vertrat, (vgl. S.24), wie Dorothea von Erxleben, die unter schwersten Bedingungen als erste deutsche Frau zu Zeiten Friedrich II. von Preußin Medizin studierte oder auch wie Clara Immerwahr. Sie war die erste Frau, die 1900 an der Uni Breslau promovierte und zählte damit zu den ersten deutschen Frauen, die einen Doktortitel trugen. Verheiratet war sie mit dem Nobelpreisträger Fritz Haber, der im ersten Weltkrieg an der Entwicklung chemischer Massenvernichtungswaffen arbeitete, die erstmals im Frühling 1915 von Deutschen bei Ypern eingesetzt wurden und 18000 Franzosen das Leben kosteten. Sie versuchte immer wieder, ihren Mann dahingehend zu beeinflussen, sich an der Entwicklung solcher Waffen nicht mehr zu beteiligen. Er war uneinsichtig, was sie dazu veranlasste, sich aus Protest das Leben zu nehmen, (vgl.:S. 73). Mahnerinnen wie Clara Immerwahr sind wichtig, damit die Menschheit aus ihrem egoistischen Wahn aufgerüttelt wird, der stets dazu führt, dass viel Leid und Unheil geschieht.

Die einzelnen Porträts sind sehr ausgewogen verfasst, auch das Porträt von Liselotte von der Pfalz, durch deren Eheschließung mit Philipp von Orléans, dem jüngeren Bruder Ludwig XVI., die Basis dafür geschaffen wurde, dass die Pfalz mit ihren zentralen Städten Heidelberg und Mannheim seitens der Franzosen niedergebrannt wurde. Lieselotte muss man zugutehalten, dass sie die Verschwendungssucht am Französischen Hofe, wo sie lebte, ablehnte und auf ihren Wunsch ohne Pomp im Alter von 70 Jahren beigesetzt wurde. Als Mitglied einer kleinen elitären Gesellschaftsschicht hat sie allerdings den Menschen mehr geschadet als genutzt, wie man am Heidelberger Schloss noch heute deutlich ablesen kann.

Wer ist wichtig? Sophie Scholl war es. Aber war auch Ulrike Meinhof wichtig, deren Porträt man den Seiten 90-91 entnehmen kann?

Ein empfehlenswertes Buch, das dazu beiträgt, sich mit den porträtieren Frauen - frei von Vorurteilen- näher auseinander zu setzen.

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