Dieses Blog durchsuchen

Rezension:Die 50 wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte (Gebundene Ausgabe)

Alexander Emmerich hat mit seinem Titel eine Steilvorlage für die Kritiker der Nation geliefert, indem er die im Buch sehr gut porträtierten fünfzig Damen als die "wichtigsten Frauen der deutschen Geschichte" bezeichnet. Wer ist wichtig? Wer wichtiger? Wer am wichtigsten? Wann ist jemand wichtig? Dann, wenn er intensiv durch sein Tun einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leistet oder dann, wenn er Zweckdienliches für eine kleine elitäre Gruppe unternimmt?

Weshalb prangt, wenig sympathisch, Liselotte von der Pfalz auf dem Cover ganz vorne und streckt uns Lesern ihr Doppelkinn, das nicht gerade von großer Disziplin zeugt, entgegen, während Sophie Scholl, eine der tapfersten Frauen des letzten Jahrhunderts, versteckt im Hintergrund, erst auf den zweiten Blick zu sehen ist? Soll durch diese Darstellung die Realität in den Zeitläuften visualisiert werden? Soll klar erkennbar werden, dass das Zerstörerische stets den Platz in der Loge eines Theaters hat? Fast scheint es so.

Emmerich stellt jedem der gut ausgeloteten Porträt immer eine Frage voran, deren Beantwortung sich dann aus der jeweiligen Kurzbiographie ergibt. Gefragt wird beispielweise:

"Welche Frau kämpfte in der badischen Revolution von 1849?"

"Wann promovierte die erste deutsche Ärztin?"

"Welche Frau verweigerte Kaiser Wilhelm II. eine Goldmedaille als Auszeichnung für ihre Kunst?"

"Wer fehlte bei der Nobelpreisverleihung an Otto Hahn?"

"Welche Frau nahm sich aus Protest gegen die Machenschaften ihres Mannes das Leben?"

Stets sind Bilder von den Frauen in die Kurzbiographien eingebunden, die nicht selten sehr aussagekräftig sind, was den Charakter der einzelnen Personen anbelangt.

Mich beeindrucken die widerständigen Frauen am meisten, Frauen, wie die Schriftstellerin Anita Augspurg. Die promovierte Juristin war u.a. Herausgeberin der "Zeitschrift für Frauenstimmrecht" und auch für das Magazin "Die Frau im Staat", das feministische, radikaldemokratische und pazifistische Positionen vertrat, (vgl. S.24), wie Dorothea von Erxleben, die unter schwersten Bedingungen als erste deutsche Frau zu Zeiten Friedrich II. von Preußin Medizin studierte oder auch wie Clara Immerwahr. Sie war die erste Frau, die 1900 an der Uni Breslau promovierte und zählte damit zu den ersten deutschen Frauen, die einen Doktortitel trugen. Verheiratet war sie mit dem Nobelpreisträger Fritz Haber, der im ersten Weltkrieg an der Entwicklung chemischer Massenvernichtungswaffen arbeitete, die erstmals im Frühling 1915 von Deutschen bei Ypern eingesetzt wurden und 18000 Franzosen das Leben kosteten. Sie versuchte immer wieder, ihren Mann dahingehend zu beeinflussen, sich an der Entwicklung solcher Waffen nicht mehr zu beteiligen. Er war uneinsichtig, was sie dazu veranlasste, sich aus Protest das Leben zu nehmen, (vgl.:S. 73). Mahnerinnen wie Clara Immerwahr sind wichtig, damit die Menschheit aus ihrem egoistischen Wahn aufgerüttelt wird, der stets dazu führt, dass viel Leid und Unheil geschieht.

Die einzelnen Porträts sind sehr ausgewogen verfasst, auch das Porträt von Liselotte von der Pfalz, durch deren Eheschließung mit Philipp von Orléans, dem jüngeren Bruder Ludwig XVI., die Basis dafür geschaffen wurde, dass die Pfalz mit ihren zentralen Städten Heidelberg und Mannheim seitens der Franzosen niedergebrannt wurde. Lieselotte muss man zugutehalten, dass sie die Verschwendungssucht am Französischen Hofe, wo sie lebte, ablehnte und auf ihren Wunsch ohne Pomp im Alter von 70 Jahren beigesetzt wurde. Als Mitglied einer kleinen elitären Gesellschaftsschicht hat sie allerdings den Menschen mehr geschadet als genutzt, wie man am Heidelberger Schloss noch heute deutlich ablesen kann.

Wer ist wichtig? Sophie Scholl war es. Aber war auch Ulrike Meinhof wichtig, deren Porträt man den Seiten 90-91 entnehmen kann?

Ein empfehlenswertes Buch, das dazu beiträgt, sich mit den porträtieren Frauen - frei von Vorurteilen- näher auseinander zu setzen.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension: Heilende Frauen. Ärztinnen, Apothekerinnen, Krankenschwestern, Hebammen und Pionierinnen der Naturheilkunde (Gebundene Ausgabe)

Die Journalistin Annette Kerckhoff porträtiert in diesem Buch insgesamt 48 Ärztinnen, Wissenschaftlerinnen und Forscherinnen, Ordensfrauen und Krankenschwestern, Hebammen, Apothekerinnen und Heilerinnen, sowie Pionierinnen aus unterschiedlichen Ländern, die aufgrund ihrer Beharrlichkeit, Kreativität, Eigeninitiative und ihres Durchhaltevermögens zu Vorbildern all der Frauen wurden, die sich durch Widerstände von ihren Zielen nicht abhalten lassen möchten.

Das Vorwort zum Buch hat Dr. Marianne Koch verfasst und die sechs Seiten umfassende Einleitung stammt von Annette Kerckhoff. Hier erfährt man, dass im alten Ägypten auch Frauen als Priesterärztinnen tätig waren und in Europa seit etwa 300 v. Chr. Frauen ihre Geschlechtsgenossinnen und Kinder behandeln durften. In Europa auch entwickelten sich im 1. Jahrtausend Klöster, die zu wichtigen Zentren der Heilkunde wurden, in denen man die Werke von Hippokrates und Galen kopierte und übersetzte.

Man liest im 3. Kapitel des Buches Näheres zu Ordensfrauen, wie Hildegard von Bingen (1098-1179), für die Körper, Geist und Seele untrennbar miteinander verbunden waren und sich gegenseitig beeinflussten. Für die Äbtissin bedeutete Gesundheit auch, die eigene innere Haltung zu läutern, d.h. gegen Charakterschwächen anzugehen. Ihr war klar, dass Depression und Dummheit, Jähzorn, Missgunst und Unzufriedenheit den Geist verdürben, auf die Organe abträglich wirkten und schädlich für die Gesundheit seien. Voraussetzung dafür gesund zu bleiben, sei das Bemühen ein besserer Mensch zu werden, (vgl.: S. 71). Interessant auch ist, dass Hildegard schrieb, dass ein maßloser Lebensstil die meisten Krankheiten verursacht. Wie recht sie doch hatte. Man erfährt in diesem Porträt sehr viel über das Denken dieser Ordensfrau, für die die Seele der Dreh- und Angelpunkt war, den man bei jeder Krankheit, jeder Heilung nicht außer Acht lassen dürfe, (vgl.: S.72).

Man lernt im Buch gleich zu Beginn die erste promovierte Ärztin Deutschland kennen. Es handelt sich hierbei um Dorothea Erxleben (1715-1762), die es unter schwierigsten Bedingungen schaffte, ihren Weg zu machen. Friedrich der Große eröffnete ihr nach Bittgesuchen den Weg. Erst im darauf folgenden Jahrhundert dann durfte die erste Frau in der westlichen Welt offiziell Medizin studieren. Elisabeth Blackwell (1821-1910) wollte Frauenärztin werden, nachdem eine Freundin ihrer Familie starb. Es war ein langer Weg bis sie ihre erste kleine Ambulanz in einem ärmeren Viertel von New York eröffnen konnte. Liest man die Porträts anderer Ärztinnen in der Folge, stellt man fest, dass Frauen, die studieren wollten und es dann auch tatsächlich taten, mit großem Misstrauen begegnet wurde.
Es hat mich gefreut, dass man die Schwedin Elsa Brandström erwähnt, die im 1. Weltkrieg aufgrund von ihr in Schweden aufgebauten Hilfsorganisationen die medizinische Versorgung der Kriegsgefangenen speziell in Sibirien damals erheblich verbesserte und auch gefreut, dass man Wissenswertes über Rahel Hirsch (1870-1953), der ersten Professorin Deutschlands für Medizin und auch über das Leben und Werk von insgesamt fünf Nobelpreisträgerinnen für Medizin erfährt.

Das Porträt Katharina Kepplers (1546-1622) hat mich zutiefst berührt. Die Mutter des berühmten Astronomen war eine Heilerin, deren Ruf systematisch demontiert wurde. Die Verleumdungsklage ihrer Kinder scheiterte. Sie sollte als Hexe verbrannt werden. Ihr Sohn legte eine hundertseitige Verteidigungsschrift vor und schaffte es seine Mutter vor der Folter und dem Scheiterhaufen zu bewahren, obschon man ihr die Folterinstrumente bereits vorgelegt hatte, um sie zu einem Geständnis zu bewegen.
Anna Freuds Leben und Werk wird übrigens auch vorgestellt. Sie beschäftigte sich ihr Leben lang mit der Entwicklung von Kindern. 1974 resümiert sie: "Die Anwendung des psychoanalytischen Wissens auf die Kindererziehung ist eine mehr oder weniger anerkannte Tatsache geworden und hat in vielfacher Verkleidung ihren Eingang in die Lehrpläne der Kindergärtnerinnen und Sozialarbeiter gefunden", (Zitat. S.135).

All die Frauen, die man im Buch kennenlernt, waren beseelt davon, ihren Mitmenschen zu helfen. Die Kräuterfrau Hester Jonas (1573-1635) wurde verleumdet, gefoltert und verbrannt. Sie ist ein Beispiel dafür, was mit Kräuterfrauen in der frühen Neuzeit geschah.

Die Psychiaterin Alice Ricciardi- von Platen musste in Österreich hilflos zusehen, wie ihre Patienten im Rahmen des Euthanasie-Programms von den Nazis getötet wurden und verfasste 1948 darüber einen Bericht "Die Tötung Geisteskranker in Deutschland", der erst in dem 1990er Jahren der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Margarete Mitscherlich, über die man im Buch auch Wissenwertes erfährt und die viele Leser, aufgrund des 1967 erschienen Buches "Die Unfähigkeit zu trauern", das sie gemeinsam mit ihrem Gatten verfasste, kennen, hat u.a. auch das Buch mit dem Titel "Über die Mühsal der Emanzipation" geschrieben. Der Titel des Buches von Mitscherlich könnte im Grunde das Leitmotto für all die 48 Frauen- Porträts sein und es wäre alles andere als an den Haaren herbeigezogen.

Ein interessantes Buch, das ich gerne gelesen habe.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:Kluge Geschäftsfrauen - Maria Bogner, Aenne Burda, Coco Chanel, Florence w, Estée Lauder, Miuccia Prada, Margarete Steiff, Marie Tussaud u.v.a. (Gebundene Ausgabe)

In allen Jahrhunderten hat es eigenständige, merkantil hellwache Frauen gegeben, die Firmen gründeten und diese mit viel Engagement vorantrieben und das, obschon die Männerwelt von solchem Tun nicht immer begeistert war. Die Autorin Claudia Lanfranconi und die Herausgeberin Antonia Meiners haben das vorliegende Buch auf den Weg gebracht. Die Autorin portätierte einige sehr kluge Geschäftsfrauen, die man im Buch auch bildlich kennenlernt.

Im Vorwort lässt Lanfranconi nicht unerwähnt, dass sich kaum eine der fokussierten Frauen bei der eigenen Karriereplanung an einem bestimmten Vorbild orientiert hat, jedoch bei einigen der Frauen selbstständig arbeitende Eltern Eigeninitiative, Disziplin und Entscheidungsfreude vorgelebt haben. Frauen wie Coco Chanel und Aenne Burda kamen aus sehr einfachen Verhältnissen, aber sie hatten Unternehmerinnenblut mit in die Wiege gelegt bekommen und agierten ihr ganzen Leben hindurch beeindruckend erfolgreich.

Das Buch ist untergliedert in:
Gegen den Widerstand
Die ideale Partnerin
Willensstarke Witwen
Von der Haute Couture zum Schnittmuster
Das Geschäft mit der Schönheit

22 kluge Geschäftsfrauen werden im Buch vorgestellt. Es handelt sich hierbei um: Marie Tussaud (1761-1850), Margarete Steif (1913-1909), Brownie Wise (1913-1992), Ruth Handler (1916-2002), Marion Donovan (1917-1998), Beate Uhse (1919-2001), Kate Gleason (1865-1933), Aino Marsio Aalto (1894-1949), Charlotte Perriand (1903-1999), Maria Bogner (1914-2002), Florence Knoll (1917), Barbe-Nicole Cliquot-Ponsardin (1777-1866), Anna Sacher (1859-1930), Katharine Graham (1917-2001), Coco Chanel (1883-1917), Aenne Burda (1909-2005), Miuccia Prada (1949), Martha Matilda Harper(1857-1950), Helena Rubinstein (1870-1965), Jeanne Toussaint (1887-1878). Estée Lauder (1906-2004) und Patricia Urquiola (1961).

Alle Porträts sind spannend zu lesen. Mit Lebensgeschichten einiger Unternehmerinnen habe ich mich bereits im Rahmen anderer Rezensionen befasst, so etwa mit jener von Coco Chanel Coco Chanel: Ein Leben sowie mit jenen von Beate Uhse und von Marie Tussaud WageMutige Frauen: 16 Porträts aus drei Jahrhunderten. Die Lebensgeschichte von Brownie Wise kannte ich bislang nicht. Wise bescherte zu Beginn der 1950er Jahre der Firma Tupperware aufgrund ihrer innovativen Marktstrategien Millionenumsätze.

Begeistert bin ich immer wieder von Barbe-Nicole Cliquot-Ponsardin, die nach dem frühen Tod ihres Gatten dessen Weinhandel weiterführte, zur Aufstockung des Kapitals ihren Schmuck verkaufte und "Veuve Cliquot Ponsardin" neu gründete, also einen Markennamen einführte, der heute noch weltweit bekannt ist und für exzellenten Champagner steht.

Es führt zu weit über all die Damen im Buch an dieser Stelle Näheres zu schreiben. Das Leben und Schaffen Aenne Burdas beeindruckt mich. Sie rief 1949 in Offenburg eine Modezeitschrift ins Leben und begründete damit die Basis für ein Zeitschriftenimperium. Die äußerst geschäftstüchtige Dame soll ausdrücklich nach Reichtum und Macht gestrebt haben und hat dieses Ziel mit Bravour erreicht.

Dass Miuccia Prada eine promovierte Politologin ist, wusste ich nicht. Die Designerin ist nicht nur eine exzellente Geschäftsfrau, sondern sie schuf gemeinsam mit ihrem Gatten einen Ausstellungsort der Platz bietet für große Installationen, Inszenierungen zeitgenössischer Kunst, aber auch für interdisziplinäre Vorlesungen, (vgl.: S.117). Sie hat also einen intellektuellen Anspruch.

Jede einzelne der Damen war oder ist voller Tatendrang und Geschäftstüchtigkeit. Woher kommt diese Power? Wohl aus einem gesunden, unverbrüchlichen Selbstbewusstsein, gepaart mit Disziplin, Fleiß und dem Glauben daran, dass das, was man sich vornimmt, auch klappt.

Empfehlenswert.


Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.




Rezension: Die klugen Frauen von Weimar - Ulrike Müller

Ulrike Müller befasst sich in diesem Buch mit Regentinnen, Salondamen, Schriftstellerinnen und Künstlerinnen von Weimar, die während der Weimarer Klassik, der Nachklassik und am Weimarer Bauhaus von sich Reden machten.

Zur Sprache gebracht werden im Kapitel, das sich mit der Weimarer Klassik befasst: Herzogin Anna Amalia, Charlotte von Stein, Corona Schröter, Luise von Göchhausen, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius und Johanna Schopenhauer. Im Rahmen der Nachklassik werden thematisiert: Maria Pawlowna, Bettina von Arnim, Henriette von Schorn, Fanny Lewald, Jenny Lind, Rosalie von Milde, Natalie von Milde. Folgende Frauen am Weimarer Bauhaus werden fokussiert: Gertrud Grunow, Helene Börner, Benita Otte, Gunta Stölzl, Friedel Dicker, Alma Buscher und Marianne Brandt.


Alle die genannten Personen werden sehr gut porträtiert. Über einige der Damen habe ich bereits Biographien, bzw. biographische Romane gelesen. So etwa über Anna Amalia, Charlotte von Stein, Caroline von Wolzogen, Christiane Vulpius, Johanna Schopenhauer und Bettina von Arnim und teilweise auch Rezensionen zu den Büchern angefertigt. Ulrike Müller ist es bestens geglückt diese Damen textlich nachzuzeichnen. Durch die vielen Gemäldeablichtungen und Fotos vervollständigt sich das Bild, das man durch die Texte erhält.


Denkt man an Weimar, denkt man zunächst an Goethe, Schiller, Wieland, Herder, Bach, Lucas Cranach, Liszt, Nietzsche und die Künstler des Bauhaus. Man denkt also zunächst an Männer, eventuell noch an Anna Amalia und Charlotte von Stein und doch waren es auch Frauen, die die Weimarer "Goldene und Silberne Zeit" mitprägten, wie es auch während der Bauhaus-Zeit namhafte Pädagoginnen, Weberinnen, Metallgestalterinnen und Grafikerinnen gab, die ihren Teil zur Berühmtheit der Stadt beitrugen.

Ulrike Müller betont gleich zu Beginn, dass die Herzogin Anna Amalia einen achtungsvollen Umgang zwischen den Geschlechtern forderte. Sie war es, die den Versuch einer gleichberechtigten Gesprächskultur unternahm und die Entwicklung des deutschen Musiktheaters förderte. Anna Amalia hat sich mit klugen Frauen umgeben, was m.E. sehr für ihre Klugheit und für ihre ausgereifte Persönlichkeit spricht. Man erfährt nicht nur Wissenswertes über die einzelnen Stationen ihres Lebens, sondern auch, welcher Mensch sie war.

Ihre ZeitgenossInnen nannten sie klug, musisch begabt, temperamentvoll, wissbegierig und unternehmungslustig. Sie soll eine scharfe Beobachterin gewesen sein, die durchaus auch zu spitzen Bemerkungen fähig war. Weil sie mit Intrigen zu kämpfen hatte, sah sie genau hin, bevor sie jemand vertraute oder gar die Freundschaft antrug. Gebildet war sie, ohne Zweifel. Die Herzogin sprach mehrere Sprachen und besaß über 5000 Bücher in ihrer Privatbibliothek, (vgl.: S.14). Aber auch Charlotte von Stein war hochgebildet. Das Porträt von Müller verdeutlicht, dass Frau von Stein eine der wichtigsten und kontinuierlichsten Anregerinnen und Mitwirkenden der weiblichen Geselligkeitskultur in der Weimarer Klassik war.

Natürlich weiß jeder um die Beziehung zu Goethe. Das Ende der Beziehung war schmerzhaft, doch sie ist daran nicht gestorben, sondern entdeckte ihre Kreativität und ihre geistige Unternehmungslust erneut, (vgl.: S.22). Darüber im vorliegenden Buch zu lesen, hat mir Freude bereitet, weil es mir zeigt, dass es durchaus auch ein Leben jenseits der Liebe zu einem vermeintlichen Abgott gibt und zwar auch für Charlotte von Stein, die mit Briefen, Gedichten und einer Fülle von Liebesgaben überhäuft wurde von einem Mann, der zu Lebzeiten bereits eine Legende war.

Gefallen hat mir das Porträt von Luise von Göchhausen, die wohl eine überaus kommunikative Persönlichkeit am Weimarer Musenhof gewesen war. Klug, gebildet und zur Freundschaft begabt, von sprühendem Witz, eine begnadete Briefeschreiberin. Sie war die Kammerfrau Anna-Amalias, mit der sie ein solch enges mentales Band zusammenhielt, dass sie nur wenige Monate nach deren Tod ebenfalls verstarb.

Sehr gut gelungen ist das Porträt Caroline von Wolzogens. Hier empfehle ich weiterführend gerne das Buch von Renate Feyl " Das sanfte Joch der Vortrefflichkeit". Die Schriftstellerin soll sensibel, leidenschaftlich, unruhig, wissbegierig und freiheitsliebend gewesen sein, (vgl.: S.45). Interessant ist folgender Satz von ihr und zwar deshalb, weil sie nicht zuletzt eine doch enge freundschaftliche Beziehung zu Schiller hatte:"Ich schreibe- um mit mir selbst umzugehen, um mich selbst besser verstehen zu lernen, und weil niemand von allen Menschen, die um mich sind, mich genug versteht und ich meine Gedanken doch ausdrücken will." (Zitat. S.46).

Alle, die sich für Goethes Liebesleben interessieren, haben Sigrid Damms "Christiane und Goethe" gelesen und wissen seither, dass man Christiane mit großen Vorurteilen zu ihren Lebzeiten und auch danach begegnet ist. Ich bezweifle, dass Goethe Christiane wirklich liebte. Goethe liebte weder sie noch eine andere Frau. Goethe liebte die Poesie und er liebte sich, ansonsten war er immer wieder neu verliebt, weil ihn dieses Verliebtsein,- nicht Lieben -, zum Dichten inspirierte. Goethe war ein poesiebegabter Kopfmensch. Er fühlte mit Worten, aber nicht mit dem Herzen.

Unbegreiflich bleibt mir auch nach dem Porträt Müllers von Johanna Schopenhauer, wie diese überaus nette, vorurteilslose, hilfsbereite, mitfühlende Frau, einen solch übellaunigen, kauzigen Sohn wie Arthur Schopenhauer zur Welt bringen konnte und ich kann die gebildete, aber enervierende Mutter durchaus verstehen, wenn sie ihm am 13.Dezember 1807 schreibt: "Höre also, auf welchem Fuße ich mit Dir sein will...an meinen Gesellschafttagen kannst Du abends bei mir essen, wenn Du Dich dabei des leidigen Disputierens(....) wie auch allen Lamentierens über die schlechte Welt und das menschliche Elend enthalten willst, weil mir das immer eine schlechte Nacht und üble Träume macht und ich gerne gut schlafe." (Zitat. S.59). Johanna war keineswegs ignorant, sondern einfach nur abgenervt durch den Dauernegativismus Arthurs.

Auch die Porträts der Damen, die in den folgenden Jahrzehnten in Weimar eine Rolle spielten und hier vor allem die Frauenrechtlerinnen Fanny Lewald und Natalie von Milde, aber auch der Frauen am Weimarer Bauhaus habe ich mit großem Interesse gelesen und dabei festgestellt, dass in Weimar, vielleicht aufgrund der Tatsache, dass Anna Amalia den Boden für das intellektuelle Ausleben von Frauen erst einmal ebnete, diese schließlich früher als anderswo in Deutschland, sich zu emanzipierten suchten und selbstständig zu denken sowie zu handeln begannen.

Ein empfehlenswertes Buch.



Rezensionen: Mutige Menschen- Frauen und Männer mit Zivilcourage

"Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein." (Kurt Tucholsky)


Dr. h.c. Joachim Gauck hat das Vorwort zu diesem Buch verfasst, von dem ich hoffe, dass es einen großen Leserkreis erhalten wird. Bevor ich das reich bebilderte Buch zu lesen begann, haben ich bei Wikipedia zu dem Begriff "Zivilcourage" Wissenswertes gelesen und dort einen Satz gefunden, den ich an dieser Stelle zitieren möchte: "In westlich orientierten Gesellschaften zeigt derjenige Zivilcourage, der die Wertorientierung der jeweiligen Gesellschaften, wie z. B. die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", offen und ohne Rücksicht auf eigene Nachteile vertritt."

Die meisten Menschen neigen dazu, sich wegzuducken, weil sie ängstlich sind oder ungern Nachteile in Kauf nehmen. Das leider führt dazu, dass seitens der jeweils Mächtigen in einem nicht wirklich demokratischen Lande die Menschenrechte mit Füßen getreten werden können.

Vordergründig mag es zwar nicht klug sein, gegen den Strom zu schwimmen, allerdings zeigt sich, dass der Adel des Geistes,- die ach so verhassten Gutmenschen - der Garant dafür ist, das die Menschheit noch lebt. Was unterscheidet diesen Adel des Geistes, zu dem ein Dietrich Bonhoeffer ebenso zählte, wie die Geschwister Scholl und auch eine Bärbel Bohley von den Leisertretern, Vorteilsdenkern und Ängstlichen? Diese Frage wird durch die eloquenten Textbeiträge in "Mutige Menschen" gut beantwortet.

Herausgeber dieses Buches, in dem mutige Persönlichkeiten aus dem letzten Jahrhundert pörträtiert werden, ist der Journalist und Autor Ulrich Kühne.

Bei den Persönlichkeiten handelt es sich um: Clara Zetkin, Robert Bosch, Käthe Kollwitz, Louise Schröder, Kurt Tucholsky, Julius Leber, Paul Grüninger, Peter Suhrkamp, Kurt Schuhmacher, Elisabeth Selbert, Elisabeth Schwarzhaupt, Marlene Dietrich, Hans von Donany, Dietrich Bonhoeffer, Robert Havemann, die Persönlichkeiten der Gemeinschaft für Frieden und Aufbau, Ludwig Metz, Walter Janka, Geschwister Scholl, Hermann Gmeiner, Rudolf Augstein, Ruth Pfau, Edeltraud Eckert, Jürgen Braunschweiger, Reinhard Furrer, Alice Schwarzer, Bärbel Bohley, Petra Kelly, Beat Richner, Barbara Nath-Wiser, Monika Hauser, die Persönlichkeiten der Lichterkette E.V. sowie Saithan u. Sinan.

Porträtiert werden diese Menschen von Personen wie Joachim Fest, Egon Bahr, Richard von Weizäcker, Klaus von Donanyi, Prof. Dr. Renate Wind u.a. mehr. Alle Textpaten lernt man am Ende des Buches aufgrund von Kurzviten ein wenig kennen.

Dass Robert Bosch (1861-1942) bereits 1906 in seinen Betrieben den Achtstundentag einführte und 1929 die erste betriebliche Altersversorung gründete, wusste ich ebenso wenig, wie die Tatsache, dass er an den Rüstungsaufträgen des ersten Weltkrieges nichts verdienen wollte und aus diesem Grunde mehrere Millionen für gemeinnützige Zwecke spendete, sich weiterhin nach dem 1. Weltkrieg für die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland einsetzte und im hohen Alter den Widerstand gegen Hitler und dessen Schergen unterstützte als auch einige Verfolgte vor der Deportation retten konnte. Ein Unternehmer und Menschenfreund. Das also ist auch möglich.

Copyright: © akg-images / Wittenstein







Beeindruckt bin ich von dem Mut Julius Lebers, der von den Nazis ebenso ermordet wurde, wie von der Zivilcourage des von mir hochgeschätzten Theologen Dietrich Bonhoeffer und dem Mut der Geschwister Scholl und deren Freunde von der "Weißen Rose". In der Überschrift zum Porträt der Geschwister Scholl von Abt Odilo ist ein Satz aus dem Flugblatt der "Weißen Rose" abgedruckt. "Jeder ist verantwortlich für das, was er geschehen lässt". Alle Menschen mit Mut zur Zivilcourage fühlen sich Sätzen wie diesen verpflichtet.

Copyright:© akg-images / Niklaus Stauss







Mut zur Zivilcorage haben all die im Buch porträtierten Personen aufgebracht, auch der Gründer der SOS-Kinderdörfer Herrmann Gmeiner Für die Kinder dieser Welt: Hermann Gmeiner: Der Vater der SOS-Kinderdörfer - Die Biografie und natürlich auch Alice Schwarzer Emma - die ersten 30 Jahre, der wir Frauen so viel zu verdanken haben. Klaus von Dohnany nennt sie ein Vorbild in unserem ängstlich konformistischen Land. Diesem Urteil schließe ich mich an.

Mutige haben es nicht einfach, wenn sie gegen Unrecht vorgehen wollen, so die Quintessenz des Buches. Zumeist stellt sich ihnen die von den Machthabern instrumentalisierte Mehrheit in den Weg und bekämpft die Mutigen, die ihnen doch eigentlich helfen wollen, gnadenlos, stellt sie an den Pranger oder tötet sie.

Ist die Masse per se dumm oder nur abgründig manipuliert?

Die Frage stellt sich, wie können Menschen mit Zivilcourage die Masse für sich gewinnen, um dem Guten schneller den Weg zu bahnen? Eine Anwort auf diese Frage hat man bislang leider noch nicht gefunden, deshalb auch machen die Rattenfänger überall nach wie vor fette Beute. Grund genug, immer wieder an den Adel des Geistes zu erinnern.

Empfehlenswert.
Bilder zur Verfügung gestellt vom  ZS Verlag  Zabert Sandmann GmbH

Rezension: Mein Vater mein Freund- Arno & André Stern

Dieses Buch habe ich mit großer Neugierde gelesen und es hat mir bestätigt, was ich schon immer vermutet habe: kreative Menschen haben in der Regel ein liebevolles Elternhaus. Das Geheimnis glücklicher Söhne und ich möchte hinzufügen auch glücklicher Töchter liegt in einer harmonischen Beziehung zu ihren Eltern begründet. Wichtig für einen Sohn ist, dass er seinen Vater als Freund begreifen kann.

Mir sind in meinem Leben so viele Männer begegnet, die ihre Väter hassten. Mich irritierte das stets, weil ich eine extrem gute Vaterbeziehung hatte und konnte mir lange nicht wirklich erklären, weshalb Vater-Sohn-Beziehungen oft  so konfliktreich  sind. Später ist mir klar geworden, dass speziell in Deutschland das Verhalten eines Vaters zu seinem Sohn wenig Vertrauen fördernde Maßnahmen beinhaltet. Oft mangelt es an gezeigter Zuneigung und zumeist sind die Erwartungshaltungen geradezu absurd hoch. Söhnen werden keine Freiräume gelassen. Sie sollen zumeist in die Fußstapfen des Vaters treten, aber den Vater  letztlich nicht überflügeln. All zu oft dienen Söhne dazu, der Eitelkeit des Vaters zweckdienlich zu sein. Viel zu selten wird darauf geachtet, dass ein Sohn sich seinen Begabungen gemäß entwickeln kann.

Hier im Buch ist alles völlig anders. Der 1924 in Kassel geborene Jude Arno Stern berichtet im Rahmen seiner Lebensbeschreibung von seiner hervorragenden Vaterbeziehung. Sein 1970 in Paris geborene Sohn André Stern erzählt im zweiten Teil des Buches von seiner ebenso gelungenen Beziehung zu seinem Vater. Die Beziehungen beruhen auf sehr viel Liebe und Verständnis und genau diese Melange bedingt, dass die Söhne erfolgreich ihren eigenen Weg gehen konnten.

Arno Stern berichtet ausführlich von seinem Vater, den er als intuitiven Vernunftmenschen und Glückskind beschrieb. Isidor Stern hat im Laufe seines Lebens viele Höhen und Tiefen durchlebt, folgte stets seiner inneren Stimme - seinem Engel -, wie Arno Stern diese innere Stimme bezeichnet und vertraut ihm immer. Isidor verließ Deutschland rechtzeitig mit seiner Familie als die Nazis die Juden verfolgten. Er ließ seine Habe ohne Wehmut hinter sich, überzeugt, dass es überall einen Neuanfang gibt. Viele Verwandte der Sterns wurden in Konzentrationslagern seitens der Nazis ermordet. Arno Stern sagt, wenn er sich an seinen Vater erinnert: „Wir vertrugen uns lückenlos; hatten uneingeschränktes Vertrauen zueinander.“(Zitat: S. 13).

Arno Stern berichtet von seiner Kindheit und Jugend während der NS-Zeit in Paris und in der Schweiz, von den materiellen Problemen seiner Eltern, die sein Vater stets meisterlich zu lösen vermochte. Arno Stern sagt, dass die Gewissheit, dass er von Gott gesehen und beurteilt wird, seine Handlungen in seiner Kindheit und Jugend prägten, (vgl.: S. 29). Heute allerdings begreift er sich als einen religiösen Atheisten, bzw. ein gottlosen, traditionellen Juden, (vgl.: S. 29). Arno Stern erzählt u.a. davon, wie sein Vater nach dem Krieg aufgrund seiner Kreativität der Familie eine neue Lebensgrundlage geschaffen hat und wie er, Arno, sich zu dem entwickelte, was er heute ist. Es führt zu weit die einzelnen Stationen seines Lebens an dieser Stelle aufzuzeichnen, gesagt sei , dass Arno Stern 1946 die „Académie du Jeudi“, einen Malort für Kinder gründete. Er ist der Entdecker der „Formulation“, bei der es sich um vorgeburtliche Erinnerungen handelt. Arno Stern hat sich mit dem Thema übrigens weltweit auseinandergesetzt und insgesamt 25 Bücher verfasst.

Seinen Sohn Andrè Stern hat er sehr frei aufwachsen lassen. André, der inzwischen auch Vater eines Sohnes ist, ist Musiker, Komponist, Gitarrenbaumeister, Journalist und erfolgreicher Autor eines Buches. André Stern berichtet davon, dass er eine Kindheit ohne Schule, Noten, Wettbewerb und Vergleiche dank seines Vaters erleben durfte und stattdessen Kurse besuchte, die seiner Begabung entsprachen. Er hat die Gegenwart nicht im Namen einer möglichen Zukunft opfern müssen, sondern die Erfahrung gemacht, dass er stets ungeachtet seines Alters alles lernen kann, was seinen aktuellen Beschäftigungen entspricht und diese bereichert, (vgl.: S.142).

André musste nicht ein Schülerleben lang die Erfahrung machen, dass man in der Materie besonders viel üben muss, in der man nicht gut ist und die man nicht mag, um dort zumindest zum Durchschnitt zu gelangen, sondern er hatte die Möglichkeit, die Dinge besonders zu üben, die seinen Begabungen entsprechen, (vgl.: S.142).

Dass Menschen, immer dann, wenn sie ihren Begabungen entsprechend aktiv sind, weder in den Kategorien Arbeit und Freizeit, Job und Urlaub, Berufsleben und Privatleben, Lernen und Erholung denken, kann ich so weit bestätigen. Insofern begrüße ich die Konsequenz und den Mut Arno Sterns, mit denen er seinem Sohn diese Möglichkeit einer freien Entwicklung ermöglichte. Dass sich in dieser Familie alles so vortrefflich entwickelte, hängt wohl  in erster Linie damit zusammen, dass man sich sowohl auf seine Intuition und seine Vernunft verlassen hat und der Liebe innerhalb der Familie viel Raum geschenkt hat. Vielleicht stellt sich Fortune immer dort ein, wo  die Liebe gelebt wird. Vielleicht ist genau dies das Geheimnis.

Das Wissen, sich mit geschlossenen Augen fallen lassen zu können und von seinem Vater selbstverständlich aufgefangen zu werden,  ist die Basis für eine gute Vater-Sohn-Beziehung, die es leider all zu wenig gibt und zwar nach wie vor.. 
Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.


Rezension: Teile Dein Glück- Jürgen Todenhöfer

Der Autor des vorliegenden Buches, Dr. Jürgen Todenhöfer, so kann man dem Klappentext entnehmen, war von 1972-1990 Mitglied des Deutschen Bundestages und von  1987-2008 Stellvertretender Vorsitzender des Burda-Konzerns. Dr. Todenhöfer engagiert sich seit  vielen Jahren auf sehr mutige Art und Weise gegen die kriegerische Einmischung der USA in Afghanistan und im Irak. In diesem Zusammenhang habe ich zwei seiner Bücher rezensiert, einerseits "Wer weint schon um Abdul und Tanaya", andererseits "Andy und Marwa".

Ich bewundere Dr. Todenhöfer aus vielerlei Gründen. Sein neues Buch verdeutlicht seine Gedankentiefe, seine Fähigkeit zu philosophischer Reflektion und seiner mich zutiefst berührenden Herzenswärme. Es gibt Menschen, die ihn als weltfremden  "Gutmenschen" abzuwerten versuchen. In meinen Augen ist dieser Mann ein wirklich guter Mensch, ein Humanist, der das, was er schreibt auch lebt, kein Schwätzer, sondern ein Handelnder.

Das Buch enthält eine Fülle von Anekdoten aus seinem ereignisreichen Leben und es enthält eine Vielzahl  seiner aphoristischen Gedichten, die auch von einem griechischen oder auch römischen Philosophen stammen könnten und  die erkennen lassen, dass Dr. Todenhöfer, der 70 Lenze zählt, aber wesentlich jünger wirkt, vielleicht weil er stets seine Träume zu leben sucht, ein Weiser ist.

Dr. Todenhöfer hat aus allem, was sich in seinem Leben ereignet hat, versucht, philosophische Schlüsse  zu ziehen. Eines seiner Gedichte am Anfang  des Buches endet mit dem Vers:

"Ein kluger Mann hat einmal gesagt:
"Wo es um das Wesentliche geht, ist der
Intellekt oft ein Hindernis. "Unsere Zeit
leidet unter einer massivsten Überschätzung
des von Menschen Gedachten und einer
Unterschätzung des Unterbewusstseins,
des Herzens."
(Zitat S.34)

Wie recht Dr. Todenhöfer doch hat. Er berichtet - keineswegs chronologisch von vielen Ereignissen, die ihn geprägt haben, erzählt von seiner frühen Kindheit, seiner Kriegseindrücken, seiner Schul- und Studienzeit, von seinem Arbeitswillen, von den Menschen, die ihm in seinem Leben begegnet sind, seinen Kindern, seinen Vorbildern, seinen Freunden, seinem Engagement um die Wiedervereinigung Deutschlands, seinem humanistisches Engagement in Afghanistan und  im Irak, seinem Erfolg und seinen dunklen Tagen, seinen Neidern,  seinen  Stiftungen und seinem unbedingten Willen anderen Menschen Gutes zu tun.  Er  besitzt  nur noch etwa 5% seines Vermögens, das er  durch  hartes Arbeiten verdient hat.  Den Rest hat er an seine Kinder und verschiedene Stiftungen verteilt. Er tat es, weil er ein Mensch ohne Gier ist und sich Dritten gegenüber in Verantwortung sieht.

Dr. Todenhöfer befasst sich seit seiner Studienzeit- er ist Jurist- mit  antiken Philosophen, aber auch mit Balthasar Gracián, den er immer wieder erwähnt. Die Weisheit der Philosophen hat ihn durch sein Leben  bislang begleitet und ihm geholfen, einen guten Weg zu gehen.

"Lies große Bücher! Sie enthalten die
Lebenserfahrungen großer Menschen.
Lies die wichtigsten antiken Philo-
sophen! Mache sie dir zu Weggefährten!
Ihre Freundschaft kann dir niemand
nehmen.In Fragen der Lebensweisheit war
die Antike weiter als unsere Zeit."
( Zitat. S. 72)

Mich beeindruckt, dass Dr. Todenhöfer in diesem Buch, einer Beichte nicht unähnlich,  auch von all seinen Fehlern, die er im Leben gemacht hat, ganz offen schreibt und aufzeigt, zu welchen Zeitpunkten er sich nicht tugendhaft verhalten hat. Er hat aus allem, was sich in seinem Leben ereignete, auch aus seinen Niederlagen, gedankliche Konsequenzen gezogen, nichts verdrängt, sondern sein Handeln  sowie das Handeln seiner Mitmenschen stets genau angeschaut und weiß:

"Gib nie auf! Lerne Niederlagen, Armut
und Krankheit zu ertragen, so schwer das
manchmal ist! Schläge und Dreck ins
Gesicht zu kriegen, gehört zum Leben.
Du bist nie verloren. Es gibt immer einen
Ausweg aus dem Dunkel.
(Zitat. S.68)

Wenn ein Mensch so schön und dabei hochintelligent und voller Herzenswärme ist wie Dr. Todenhöfer, hat er viele Neider.  Vielleicht war Altbundeskanzler Kohl sein größter Neider, weil er vieles, was Dr. Todenhöfer auszeichnet, nicht besaß. So sehe ich das jedenfalls. Dr. Todenhöfer schreibt "Wer in der deutschen Gesellschaft den Neid unterschätzt, hat keine Chance", (Zitat S. 125).

Dr. Todenhöfer ist  viel in der Welt herumgekommen und hat viel gesehen. Ihn hat das, was er sah, demütig gemacht. In seinem Buch macht er anhand der Anekdoten deutlich, weshalb Tugenden wichtig sind. Er schreibt u.a. über Klugheit und den wirklichen Erfolgsstrategien der Menschheit, über  Gerechtigkeit, Mut und Maß, ohne die eine menschlichere Welt undenkbar ist.

Ich möchte die Anekdoten hier bewusst nicht verkürzt wiedergeben, um die Spannung beim Lesen nicht zu mindern, aber ich muss mich sehr zügeln, um nicht  20 und mehr seiner wundervollen poetischen Reflexionen wiederzugeben.  Allen in den Gedichten nachzulesenden Gedanken stimme ich 100% zu.

Dr. Todenhöfer schreibt, dass die einfachen "kleinen Leute" stets seine wichtigsten Ratgeber und besten Freunde waren, selbst in seiner Zeit als Medienmanager, (vgl.: S. 168). Ich kann mir das sehr gut vorstellen, weil unverbildete Menschen, sofern sie intelligent  sind, oft einen klareren Blick für die Realität besitzen.

Es stimmt, wenn  Dr. Todenhöfer  sagt, dass die wichtigsten Voraussetzungen für Erfolg Willensstärke, Mut und Freundlichkeit  sind, aber er weiß, dass zu allem Erfolg auch immer Glück gehört.  Wer sehr von der Sonne beschienen ist, sollte sein Glück teilen. Dr. Todenhöfer hat dies erkannt und tut es.

Das Buch steckt voller kluger Ratschläge, die man beherzigen sollte, am besten in ganz jungen Jahren schon:

"Suche dein inneres Gleichgewicht, deine
Harmonie! Lebe in Freundschaft mit dir
selbst! Handle stets aus diesem
Gleichgewicht heraus"
(Zitat:  S. 235)

...und noch etwas, wovon auch ich zutiefst überzeugt bin:

"Such dir gute Freunde! Ein richtiger
Freund ist mehr wert als tausend
Verbündete."
( Zitat: S. 238)

Zum Schluss seines Buches hat Dr. Todenhöfer  Tugendtafeln aufgelistet.  Er listet zunächst die so genannten sanften Tugend auf, zu denen Nächstenliebe, Respekt, Herzlichkeit, Demut und Rücksichtnahme zählen. Anschließend  nennt er eine Reihe von Ordnungstugenden, darunter Unbestechlichkeit, Disziplin, Geradlinigkeit und Leistungswille.  Die Siegertugenden und die 33 größten Untugenden, an erster Stelle der Neid, habe ich heute  früh auf "Ein Buch lesen!" vollständig zitiert und das nicht ohne Grund.

Ich stimme mit Dr. Todenhöfer überein, dass es wichtig ist, ein tugendhaftes Leben zu führen, ein Leben jenseits von Lieblosigkeit, Rachsucht, Geiz, Verschlagenheit, Feigheit,  Eitelkeit  Habgier, Neid  und all den anderen Totengräbern einer humanen Gesellschaft.

Empfehlenswert.

Bitte klicken Sie auf den Button, dann gelangen Sie zu Amazon und können das Buch bestellen.

Rezension:WageMutige Frauen: 16 Porträts aus drei Jahrhunderten (Broschiert)

Der Psychologe Dieter Wunderlich stellt in seinem Buch 16 Frauen vor, die sich durch bemerkenswerten Mut ausgezeichnet haben.

Die Rede ist von der Theaterreformerin Friederike Caroline Neuber (1697- 1760), der promovierten Ärztin Dorothea Erxleben (1765-1862), der Ballonfahrerin Wilhelmine Reichard (1788-1848), der Pionierin der Frauenbewegung Mathilde Franziska Anneke (1817-1884), der Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner, der Unternehmerin Margarte Steiff (1847- 1909), der Juristin Emilie Kempin -Spyri (1853-1901), der Bildhauerin Camille Claudel (1864-1943), der Begründerin des modernen Ausdruckstanzes Isadora Dunvan (1877- 1927), der Flugpionierin Amelia Earhart (1897-1937), dem Revuestar Josephine Baker (1906- 1075), der Regierungschefin Indira Gandhi (1917-1984), der Gründerin eines Erotikkonzerns Beate Uhse (1919-2001), der Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner ( geb. 1947) und der Stierkämpferin Christina Sanchez (geb. 1972).


Beeindruckt bin ich vor allem von Dorothea Erxleben. Diese war die erste und eineinhalb Jahrhunderte auch die einzige Ärztin in Deutschland, die ihren Beruf offiziell ausüben durfte und Bertha von Suttner, die mit ihrem Roman "Die Waffen nieder" im Alter von sechsunvierzig Jahren zur Symbolfigur der Friedensbewegung wurde. Als erste Frau erhielt sie den Friedensnobelpreis.


Hochinteressant sind die knappen Lebensdarstellungen von Margarete Steiff, die durch eine Kinderlähmungserkrankung gehunfähig wurde, aber dennoch im Alter von dreißig Jahren ein rasch expandierendes Stofftier-Unternehmen gründete und von der promovierten Juristin Emilie Kempin-Spyri, die in New York eine Rechtsschule gründete und als erste Frau an der dortigen juristischen Fakultät der Universität dozierte. Wieder zurückgekehrt in die Schweiz zerbrach die Juristin an den gesellschaftlichen Vorurteilen. Man verhinderte erfolgreich ihre Zulassung als Anwältin, weil sie eine Frau war.


Gertrud Bells Kenntnisse der arabischen Welt erlaubten es ihr zwischen den Ländern Vorderasiens und dem Westen zu vermitteln, ebenso wie es T.E Lawrence tat, mit dem sie befreundet war. Sehr ungewöhnlich für eine Frau in jenen Jahren!


Wagemutig war auch Beate Uhse, die in der Nachkriegszeit eine dreiseitige Erläuterung der Knaus- Ogino-Methode zur Geburtenkontrolle drucken ließ und damit einerseits zur Geburtenkontrolle, anderseits aber auch zum unverkrampften Liebesspiel beitrug und schließlich das Fundament für ihren Erotik-Versandhandel schuf.


Alle vorgestellten Damen sind ihren eigenen Weg gegangen und haben selbstverständlich davon abgesehen, ihren Geschlechtsgenossinnen die Augen auszuhacken. Sie hatten es nicht nötig, denn sie besaßen genügend eigenes Können und dazu noch Mumm um ganz ihre Frau zu stehen. Neid war ihnen, wie allen fähigen Menschen, fremd.



Empfehlenswert!


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.


Rezension: Portrait eines glücklichen Menschen. Der Gärtner von Versailles.: Der Gärtner von Versailles. Andre Le Notre 1613 - 1700

Der Gartenbau-Architekt Andre Le Notre verfügte nicht nur über breitgefächerte Kenntnisse in der Botanik, sondern hatte sich auch mit Mathematik, speziell mit der Geometrie auseinandergesetzt, bevor er die Menschen mit seinen kreativen Schöpfungen erfreute.

Wobei der so genannte "goldene Schnitt" die Grundlage bildete für all seine genialen, auf Harmonie angelegten Gartenkonzeptionen, die in den Parkanlagen von Versailles schließlich ihre Vollendung gefunden haben.

Erik Orsenna führt den Leser an alle wesentlichen Wirkstätten des bedeutenden Meisters.

Beginnend mit dessen erstem großen Wurf, der Parkanlage von Schloss Vaux, welcher auf Betreiben Ludwig XIV zum Aufstieg Le Notres führte, verdeutlicht der Autor das herausragende Können dieses Vegetationsenthusiasten.

Nachdem Le Notre in "Vaux" bewiesen hatte, was er konnte, wird er "Zeichner der königlichen Gärten" und "Kontrolleur der Gebäude". Als enger Berater des schnell gelangweilten Sonnenkönigs erfreut er diesen durch fortwährend visuelle Veränderung der von ihm kreierten Gärten. Seine einzigartigen Gemälde aus Boskette, Springbrunnen und Skulpturen machen Le Notre berühmt in ganz Europa. Doch bleibt sein primäres Aktionsfeld Frankreich und man liest von vielen alten Schlössern, wie etwa Fontainebleau oder Saint - Germain, denen er seinen floralen Stempel aufgedrückt hat. Le Notre hat die französischen Gärten verändert und so den "Französischen Garten" gestaltet. Auf diese Weise hat der Mann mit dem grünen Finger wohl nicht nur seinen König glücklich gemacht.

Orsenna spürt im vorliegenden Text der farbigen Fülle nach, welche Le Notres Schöpfungen zu Lebzeiten des Sonnenkönigs in weitaus größerem Maße hatten als heute und verschafft dem interessierten Leser durch seine pythagoräischen Impressionen ein paar durchaus angenehme Stunden.

Vor dreihundertdrei Jahren verstarb Andre le Notre. Vieles spricht dafür, dass der große Gartengestalter tatsächlich ein so glücklicher Mensch war, wie Ludwig XIV es von ihm annahm.


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.




Rezension: Alles, was ich in der Welt verlange. Das Leben der Johanna Schopenhauer

Schauplätze dieses Buches sind in erster Linie Danzig, Hamburg, Weimar und Bonn. Dort nämlich hat Johanna Schopenhauer gelebt. Diese Frau war eine Zeitgenossin Goethes. Der von ihr verehrte Dichterfürst gehörte dem engeren Kreis der hochkarätigen Gäste ihres weltberühmten Salons an.

Wer war diese, von so vielen klugen Personen geschätzte Dame? Carola Stern spürt der Frage nach und malt ein farbintensives Bild von ihrer Protagonistin, welches so nur entstehen konnte, weil die Autorin sich eingehend mit Fakten und Anekdoten zur beschriebenen Person auseinandergesetzt hat.


Ihrem doppelt so alten Ehemann gegenüber, den die wissbegierige Johanna mit achtzehn Jahren aus Vernunftsgründen heiratet, fühlt sie sich durch die Liebe zur Kunst und Literatur, sowie durch die Neigung gegenüber den Idealen der französischen Revolution verbunden. Der sehr begüterte Großkaufmann bereist gemeinsam mit seiner jungen Gemahlin viele Städte Europas, um seine Handelsgeschäfte vor Ort erfolgreich zu betreiben und sich kulturhistorisch zu bilden.
Wir erfahren von Stern, dass Johanna Schopenhauer, während dieser Reisen nie am üblichen Damenprogramm teilnimmt, sondern aufgeschlossen, an der Seite ihres Mannes neue technische Errungenschaften kennenzulernen sucht. Dennoch bewegt sich ihr inneres Verhältnis zu Heinrich Floris Schopenhauer auf dem "schwierigen Grat zwischen Resignation und Eigensinn." ( Was dies bedeutet, führt die Autorin im Einzelnen näher aus). Das Verhältnis zu ihren beiden Kindern Adele und dem späteren Philosophen Arthur ist, wie Stern berichtet, unterkühlt.


Johannas Gatte, der in Hamburg Selbstmord begeht, macht sie zunächst zur reichen Witwe, die sich in der Folge alsbald ein freies, großzügiges Leben gestattet. Die Vierzigjährige mietet im "Athen des Nordens", in Weimar also, nicht weit von Goethes Wohnhaus entfernt, eine standesgemäße Wohnung an und beginnt ihr neues Leben. Sie gewinnt Freunde, wie etwa den Gelehrten Fernow, den Schriftsteller von Gerstenbergk und schließlich den Theaterleiter Carl von Holtei. Christiane, die vielgeschmähte Gattin Goethes wird von ihr zum Tee gebeten. Durch diese Geste erwirbt sich Madame Schopenhauer das Wohlwollen des großen Dichters, als dessen kritiklose Verehrerin sie sich zeitlebens zeigt. Johanna beginnt zu schreiben, Romane, kunsthistorische Werke, Reiseberichte. Sie wird zur vielgelesenen und bekanntesten Schriftstellerin ihrer Zeit. Mittels Schreiben finanziert sie schließlich ihr Leben und das Leben ihrer Tochter, nachdem sie durch Misswirtschaft des Danziger Bankhauses Muhl nahezu ihr gesamtes Vermögen verloren hat. Zu diesem Zeitpunkt hat die resolute Mutter den Kontakt zu Sohn Arthur, dem galligen Frauenfeind, bereits abgebrochen.


Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Teuerung zieht sich Johanna, wenige Jahre vor Goethes Tod, nach Unkel am Rhein und später nach Bonn zurück, wo sie fortwährend bemüht ist, ihrem Verleger Brockhaus Vorschüsse für noch nicht geleistete Arbeit zu entlocken. Die Autorin verweist auf Johannas "erstaunlichen Geschäftssinn", der sich "besonders im Umgang mit Verlegern" äußert. Aber "Madame Schopenhauer kann nicht haushalten, nicht von ihren Ambitionen lassen, sich nicht eingestehen, dass sie dabei ist, arm zu werden, und stürzt sich und ihre Tochter in immer höhere Schulden". Am Ende ihres Lebens lässt sich Johanna Schopenhauer in Jena nieder. Weimars Großherzog Karl-Friedrich gewährt der alten Dame, nach entsprechenden Bittgesuchen, eine Pension, die es der einst wohlhabenden Kaufmannstochter erlaubt, einigermaßen standesgemäß ihre letzten Jahre zu verleben....


Ein hervorragendes Buch, das nicht nur die Zeit der Weimarer Klassik wieder aufleben lässt, sondern auch Einblicke gibt in das Kaufmannsleben der alten Hansestädte Danzig und Hamburg, unmittelbar vor der Industrialisierung. Johanna Schopenhauer kannte viele bedeutende Zeitgenossen, war allem Kulturellen und Intellektuellen gegenüber äußerst aufgeschlossen. Fremd blieben ihr einzig ihr Sohn und dessen Philosophie. Arthur Schopenhauer hat sich allerdings auch alle Mühe gegeben, das Verhältnis zu seiner Mutter denkbar negativ zu gestalten und ihr den Zugang zu ihm und seinem Denken zu versperren!


Letzte Anmerkung: Die allen Kapiteln des Buches vorangestellten Scherenschnitte visualisieren auf subtile Weise die Welt der Empfindungen in jener Zeit!


Im Buchhandel erhältlich.