Dies ist der gleichnamige Katalog zur Ausstellung "Widerstände-Jüdische Designerinnen der Moderne", die vom 11. Jul. bis 23. Nov 2025 im Jüdischen Museum in Berlin gezeigt wird. Wie Hetty Berg, die Direktorin des Jüdischen Museums Berlin, in ihrem Vorwort schreibt, haben zu Beginn des 20. Jahrhundert deutsch-jüdische Frauen mit ihrem schöpferischen Potential ein breites Gestaltungsspektrum bedient, von der Textilkunst über Keramik, Modedesign, Grafik bis hin zur Gold- und Silberschmiede. Mit ihrem Engagement sei es ihnen gelungen, darüber hinaus ihre eigene Emanzipation zu gestalten. Leider fanden, so Berg, die Karrieren dieser Frauen unter dem Nationalsozialismus ein jähes Ende.
Die Kuratorin Michal Friedländer recherchierte in mehreren Ländern, um auf diese Weise Objekte und Lebenswege zu erhellen. In ihrem Essay "Wege jüdischer Designerinnen" beantwortet sie u.a. ausführlich die Frage "Warum gerieten jüdische Designerinnen in Vergessenheit?" und erörtert die sozio-demografische Situation jüdischer Frauen in Deutschland. Des Weiteren geht es darum, den Unternehmerinnengeist und die berufliche Selbstständigkeit der Jüdinnen in der damaligen Zeit zu beleuchten und schließlich um das "Staatliche Bauhaus" und die private "Schule Reimann", wo 1/3 der Studentinnen jüdisch war. In dieser Schule sei das Kursangebot groß und umfassend gewesen. Zum Mode-, Metall- und Plakatdesign, gesellten sich später zudem Fotografie, Innenraum- und Schaufenstergestaltung. Namhafte jüdische Designerinnen hätten diese Schule besucht und sich anschließend rasch etablieren können, bis zu dem Tage der Machtübernahme Hitlers. Von da an wurden die Frauen verfolgt und ihrer Existenzgrundlage beraubt.
Im Buch lernt man 60 jüdische Kunsthandwerkerinnen kennen, erfährt im Rahmen von kurzen Porträts, womit sie sich beschäftigten, liest auch Wissenswertes zu ihrer Ausbildung und ihrem Schicksal in der NS- Zeit. Nicht wenige der vorgestellten Frauen sind sogar fotografisch abgelichtet. Auch Arbeiten der Kunsthandwerkerinnen sind auf Fotos zu sehen.
So liest man beispielsweise von der ersten Industriedesignerin Deutschlands- sie hieß Paula Straus-, die sich in den 1920er Jahren in einer Männerdomäne etabliert hatte, erfährt auch, dass sie in Auschwitz ermordet wurde.
Man lernt u.a. eine Modezeichnung von Alice Neumann kennen, sie war Absolventin der Schule Reimann, kann auch eine Originalzeichnung von Franziska Schlopsnies bewundern, die als eine der wichtigsten Mode-Illustratorinnen der 1920er Jahre galt. Ein Titelblatt von dem Modeheft "Die Dame", aus dem Jahre 1924 zeigt eine Arbeit Steffie Nathans, auch lernt man auf Fotos wundervoll gestaltete Hüte kennen, Arbeiten der Hutmacherin Regina Friedländer, die in Berlin sich als Modetrendsetterin einen Namen machte.
Erfreulich zu lesen, sind die Kurzbiografien all jener Kunsthandwerkerinnen, denen es gelang, den Nazis zu entkommen. So etwa die Malerin und Gebrauchsgrafikerin Gertrude Sandmann, die ihr Leben lang für die Emanzipation der Frau stark machte und in einem Versteck der Deportation der Nazis entkam.
Der Ausstellungskatalog hat wahrlich viel zu bieten. Er offenbart die kaltblütige Gesinnung der Nazis und ihr niederträchtiges Tun. Doch in erster Linie ist er eine Hommage an 60 wunderbar kreative Frauen, die Mut hatten, ihr Können nicht zu verstecken, solange es irgend möglich war.
Maximal empfehlenswert.
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