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Rezension: Ausser man tut es- Politische Porträts der Zeitgeschichte-Heribert Prantl- Süddeutsche Zeitung Edition


#Heribert_Prantl, vormals Richter und Staatsanwalt, leitete 25 Jahre lang die Redaktion "Innenpolitik" bei der #Süddeutschen_Zeitung und baute dann das Ressort "Meinung" auf. Zehn Jahre war er Mitglied der Chefredaktion und ist seit 2019 Kolumnist und Autor der #SZ. Des Weiteren ist er Honorarprofessor an der juristischen Fakultät der Universität Bielefeld und Ehrendoktor der Theologie an der Universität Erlangen. Der Autor wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und hat viele bemerkenswerte Bücher verfasst. 

Im vorliegenden Werk stellt er über 60 namhafte Persönlichkeiten vor, die jeweils für eine Sache brannten und auf diese Weise die selbstverschuldete Gleichgültigkeit, die vielen Menschen innewohnt, überwunden haben. 

Untergliedert ist das Werk in: 
Utopisten und andere Realisten 
Mächtige und Mutige 
Aus Politik und Provinz 
Starke Frauen und ihre Widersacher 
Im Kraftwerk der Demokratie J
Juristen sind auch nur Menschen. Aber was für welche! 
Das Abenteuer des Denkens 

Wer schon etwas länger lebt, wird sich an die meisten der  bereits verstorbenen, hier in den Texten verewigten Persönlichkeiten erinnern. Allerdings werden auch namhafte Menschen aus dem Hier und Jetzt vorgestellt, allen voran #Greta_Thunberg. Hier bezieht Heribert Prantl zu Ende seines Textes so zutreffend Stellung: "Es geht um die Rettung des Visionären. Nicht wer Visionen hat, muss zum Arzt gehen. Derjenige wird den Arzt brauchen, der Visionen nicht zulässt und sie bekämpft.“ 

Im Kapitel "Utopisten und andere Realisten“ findet man zudem ein fast dreiseitiges Porträt von #Klaus_Traube. Viele jüngere Leser werden seine Vita nicht mehr kennen. Er war einst Atommanager und später dann Kernkraftgegner und Umweltforscher. Mit seinem Namen ist der Abhör-Großskandal verbunden. Dass er der Vater der Energiewende wurde, spricht allein schon für ihn. 

#Helmut_Schmidt und auch #Richard_von_Weizsäcker entdeckt man im 2. Kapitel. Für die meisten Deutschen sei von Weizsäcker die geistig-moralische Erneuerung gewesen. Vielleicht auch deshalb, weil er ein Vorausdenker ohne Parteifesseln war. Gefallen hat mir das Porträt von Erhard Eppler, im gleichen Kapitel, weil er die Friedens- und Umweltbewegung mitgeprägt hat. Wie Heribert Prantl genau auf den Punkt gebracht formuliert: "Wenn erbarmungslose Habgier triumphiert, ist es gut für Gerechtigkeit einzutreten". Genau das hat Eppler in seinen Büchern und Texten getan.

Am 21.9.2018 schrieb Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung Magazin eine Liebeserklärung an seinen Vater, von dem er, wie er schreibt, gelernt hat, dass man nicht lange fragt, sondern zupackt, dass man sich etwas zutraut, auch zäh und ausdauernd sein muss und es nichts bringt, alles Mögliche anzufangen, wenn man nichts fertig macht. Heribert Prantl skizziert seinen Vater als einen Menschen, der in der Lage war,  in ihm innere Kraft für sein ganzes Leben zu säen. Dieses Glück hatten nicht viele Jungs seiner Generation. 

Wer noch? Zum Beispiel #Rita_Süßmuth, ohne sie hätte es vermutlich keine Kanzlerin #Angela_Merkel gegeben, vermutet Prantl. Ihr Ministerium sei eine Emanzipationszentrale gewesen. Sie propagierte u.a. eine liberale Abtreibungspolitik und rief 1987 die Aids-Stiftung ins Leben. 

Auch #Mathias_Greffrath wird porträtiert, der Schriftsteller und freie Journalist soll zu den profundesten Globalisierungskritikern gehören. Er sei ein Kritiker des Neoliberalismus in seinen globalen Resonanzen. Prantl lobt die geschliffene Eleganz, bei der man spüre, weshalb es heißt, dass das Wort eine Waffe sei. 

Wen an dieser Stelle noch erwähnen? Vielleicht stellvertretend für alle von mir hier nicht genannten Personen, den wirkmächtigsten Philosophen und Soziologen der Gegenwart? 

Wer das ist? 

#Jürgen_Habermas, ein großer Europäer, der einst Forschungsassistent bei Max Horkheimer und Theodor W. Adorno war. Seine Diskurs-und Kommunikationstheorie sei eine Philosophie der Entängstigung. Der Weltphilosoph sei grund- und menschenrechtsgeprägt. 

Was kann man sich in heutigen Zeiten mehr von einem politischen Menschen hierzulande erhoffen, als grund-und menschenrechtsgeprägt zu sein? 

Habermas warnt, wie man liest, vor einem "Gestaltwandel der Presse zu einem betreuenden Journalismus, der sich Arm in Arm mit der politischen Klasse um das Wohlbefinden der Kunden kümmert"- und so zu einer "postdemokratischen Einschläferung der Öffentlichkeit" beitrage. 

So gesehen ist #Heribert_Prantl  ein Vorbild, nicht zuletzt wegen seines unverbrüchlichen Mutes, seine Meinung zu bekunden und seine Leser immer schön wachzurütteln. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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