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| Goethe im Wahnsinn der Liebe Band 2 "Tassos" Botschaft | 
Der Autor Veit Noll legt mit  dem 2. Band "Goethe im Wahnsinn der Liebe",  der den  Titel "Tassos" Botschaft trägt,  ein Buch vor, das anhand der Textanalyse von Goethes Schauspiel "Tasso" verdeutlicht, dass  eines seiner Motive, Weimar zu verlassen und nach Rom zu gehen,  möglicherweise  darin bestand,  sich  des emotionalen, vielleicht auch erotischen Zugriffs der Fürstin Anna Amalia zu entziehen. 
Zu Eckermann sagt Goethe im Mai 1827 in Bezug auf  die kritische Beurteilungen des Tasso seitens des französischen Kritikers J. J. Ampère: "Wie richtig hat er bemerkt, dass ich in den ersten zehn Jahren meines weimarischen Dienst- und Hoflebens so gut wie gar nichts gemacht, dass die Verzweiflung mich nach Italien getrieben, und dass ich dort mit neuer Lust zum Schaffen die Geschichte des Tasso ergriffen, um mich in Behandlung dieses angemessenen Stoffes von demjenigen frei zu machen, was mir noch aus meinen weimarischen Eindrücken und Erinnerungen Schmerzliches und Lästiges anklebte. Sehr treffend nennt er daher auch den Tasso einen gesteigerten Werther."
Der Dichter wiederholt Eckermann  gegenüber  am 10. Februar 1829  erneut, dass er   in den ersten  zehn Jahren seiner Weimarer Zeit nichts bedeutendes Poetisches  hervorbrachte und  fügt hinzu, dass er stattdessen die Jahre durch "Liebschaften verdüstert" habe. 
Goethe gesteht Eckermann  also "mehrere" Liebschaften in besagter Phase. 
Seine Beziehung zu Charlotte von Stein ist allseits bekannt. Seine mögliche Liebschaft zu  Anna Amalia liest Noll nicht zuletzt aus  dessen "Torquato Tasso" heraus.
Bevor man sich in die Überlegungen Veit Nolls vertieft, empfiehlt es sich, die beigefügten Bilder genauer zu betrachten, um sich auch visuell mit der Zeit und verschiedenen Personen auseinanderzusetzen, um die es hier geht.
Bevor man sich in die Überlegungen Veit Nolls vertieft, empfiehlt es sich, die beigefügten Bilder genauer zu betrachten, um sich auch visuell mit der Zeit und verschiedenen Personen auseinanderzusetzen, um die es hier geht.
Anna Amalia, die Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach war  bereits Witwe als  Goethe sie kennen lernte. Sie war  um 10 Jahre älter als er.  Seine  große Liebe  Charlotte von Stein wurde übrigens 7 Jahre vor ihm geboren.  Ein Problem mit älteren Frauen als Liebesobjekten hatte er demnach nicht.
Mit  der Mäzenin Anna Amalia verband ihn  wie  Noll hervorhebt,  ein  großes Interesse an  der Kunst der Antike, an Winkelmanns Erkenntnissen und der Musik  in Italien.  Anna Amalias Aufforderung an ihn  einem gemeinsamen Aufenthalt in Rom nachzukommen,  hätte ihn eigentlich begeistern müssen, wenn da  keine emotionalen Hindernisse dagegen gestanden hätten.  Goethe soll sich, wie der Autor die Leser wissen lässt,  beharrlich geweigert haben, Anna Amalia  in Italien aufzusuchen und  sich  mit seiner Korrespondenz zurück gehalten haben. 
Der Dichter selbst weilte bekanntermaßen von 1786- 1788 in  Italien  und  vollendete  1789 seinen "Tasso". Goethe, der Italien liebte, und seinen Freunden in Rom  und Neapel seine Wiederkehr versprochen hatte, löste das  Versprechen nicht ein, sondern reiste nur bis Venedig. Er scheute offenbar die Nähe der Fürstin. Dass die Ursache hierfür  eine vormalige Affäre, die er nicht mehr  auflodern lassen wollte, gewesen sein könnte,  halte ich nach den Überlegungen des Autors  durchaus für denkbar. 
Veit Noll stellt einige wichtige Fragen zu Goethes sonderbarem Verhalten, Anna Amalia keinesfalls in Rom zu begegnen, die  ich für  sehr zielführend halte im Hinblick auf Goethes  Gefühlslage. 
Der Dichter Torquato Tasso, mit dem sich Goethe in seinem Werk beschäftigt,  ist eine historische  Gestalt aus der Renaissancezeit. Er kam 1565  an den Hof der Este nach Ferrara. Dort traten  zehn Jahre später erste Anzeichen einer psychischen Erkrankung auf,  in deren Zusammenhang er so  gewalttätig wurde, dass man  ihn  in einem Kloster isolierte, aus dem er  aber floh und schließlich  in ein "Irrenhaus" eingesperrt wurde. 
Goethes "Tasso" spielt in Belriguardo, einem Lustschloss von Alfons II., dem Herzog von Ferrara. Thema des Dramas  sind  neben der Liebe des jungen Tasso zu Leonore, der  Prinzessin von Este, der Schwester des Herzogs - die Rolle des Dichters in der höfischen Gesellschaft. 
Leider ist es unmöglich, im Rahmen dieser Rezension auf  das Drama "Tasso" ausführlich wissenschaftlich einzugehen und gewissermaßen eine Rezension über  die einzelnen Überlegungen Nolls zu diesem Werk Goethes anzufertigen, weil dies einer Seminararbeit an der Uni gleichkäme. Gesagt aber werden kann, dass es sich für Germanisten, die  eine Seminararbeit über den Tasso anfertigen wollen, durchaus lohnt, sich auch mit  Veit Nolls Ansatz zu befassen, zumal   er sehr wissenschaftlich mit vielen Fußnoten  seine Betrachtungen vervollständigt hat. 
Veit Noll sieht  Leonore gedoppelt als zwei Seiten von Anna-Amalia, während Charlotte von Stein als ungenannte Perle erscheint.
Goethes Tasso II  soll in erster Linie eine Botschaft an Anna Amalia gewesen sein,  in der er ihr subtil unterbreitet, dass er sie nicht liebe. Diese Botschaft übermittelte  Goethe indirekt als Abschrift von Caroline Herder an Anna Amalia. Johann Gottfried Herder las  sie in Tivoli vor, woraufhin Anna Amalia sichtbar betroffen reagierte. Auf der im Buch beigefügten Abbildung von Johann Georg Schütz wird der Kummer der Fürstin deutlich. 
Die Beziehung Goethes zu Anna Amalia scheint alles in allem nicht einfach gewesen zu sein und lässt erahnen wie kompliziert die Rolle  des jungen Dichters in Weimar gewesen sein muss,  gerade was Abhängigkeiten als "Mätresserich" anbelangte, der sich zu entwinden und gleichzeitig Freund am Hofe zu bleiben, gewiss viel diplomatischen Geschick erforderlich machte.
Das spannend zu lesende Buch macht bereits neugierig auf das  nächste, weil Veit Noll dann  abermals  dem Verhältnis zwischen Goethe und Anna Amalia nachspürt und zwar  im Hinblick  auf dessen  Italienreise, den Italienaufenthalt und seine Dichtung.  Der Autor verspricht  dem Leser schon jetzt neue Erkenntnisse  zur Liebe  und zur Denkweise des Dichters, der als Apoll von Weimar viel Platz für Recherchen ermöglicht, die aufhorchen lassen.
Sehr empfehlenswert 
Helga König
Goethe im Wahnsinn der Liebe
Band 2: Tassos Botschaft
Goethe im Wahnsinn der Liebe
Band 2: Tassos Botschaft
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